Rezension

Die Mission einer Autorin

Beim ersten Schärenlicht - Viveca Sten

Beim ersten Schärenlicht
von Viveca Sten

Sandhamn in Stockholms Schärengarten ist einmal mehr der Handlungsort in dem neuen Kriminalroman der Schwedin Viveca Sten, die mit „Beim ersten Schärenlicht“ die zu lösenden Fälle von Thomas Andreasson fortschreibt. Wie bereits in den letzten Bänden der Reihe ist aber auch Nora, eine Jugendfreundin von Thomas, in das Geschehen involviert, die sich mit ihrer Patchwork-Familie zu Mittsommer dort aufhält.

Für die Jugendlichen vor Ort steigt an diesem Sommerabend die größte Feier des Jahres, begleitet von ausufernden Trinkgelagen. Kein Wunder, dass sich am nächsten Morgen kaum jemand an die Geschehnisse der Nacht erinnern kann, was allerdings für Kommissar Thomas Andreasson enorm wichtig wäre, da ein Jugendlicher tot am Strand aufgefunden wurde. Zusätzlich kommt dazu noch das Verschwinden von Wilma, der Tochter von Noras neuem Partner Jonas, die nicht zur vereinbarten Zeit nach Hause gekommen und seither nicht wieder aufgetaucht ist.

Zwei parallel laufende Stränge bestimmen die Handlung, zum einen der eigentliche Kriminalfall des Kommissars, zum anderen das Privatleben Noras. Viveca Sten punktet immer dann, wenn es in ihren Büchern menschelt, wenn sie das Auf und Ab in den Beziehungen ihrer Protagonisten beschreibt. Und auch die Landschaftsbeschreibungen sind immer wieder lesenswert, auch wenn sie die typischen Schwedenklischees bedienen.

Aber: Wie man dem Nachwort entnehmen kann, wurde die Autorin bei der Wahl des Themas offenbar von einer Mission geleitet, was sich spürbar auf die Qualität dieses Kriminalromans auswirkt, ist er doch meiner Meinung nach der bisher Schwächste dieser Reihe. Das Übermaß an erhobenem Zeigefinger legt sich wie ein Netz über die Krimihandlung und erstickt so leider viele der aufkommenden Spannungsmomente im Keim. Aber dennoch ist „Beim ersten Schärenlicht“ ein Must-read für alle, die das Schicksal bzw. das Privatleben der Protagonisten verfolgen, denn davon gibt es glücklicherweise wie immer eine ganze Menge.

Da die Reihe mittlerweile verfilmt wird, kann ich mich des Verdachts nicht erwehren, dass die Geschichte fernsehtauglich geplottet wurde, aber ich hoffe, dass die Autorin in dem nächsten Teil der Andreasson-Reihe zu alter Stärke zurückfinden wird.