Rezension

Die Rache des Außenseiters

Sommerhit - Tom Liehr

Sommerhit
von Tom Liehr

Bewertet mit 3.5 Sternen

Einer der auszog, um es allen zu zeigen: Falk Lutter ist 14 Jahre alt, als seine Mutter mit ihm im Jahr 1980 aus der DDR flieht. Vater und Schwestern bleiben auf tragische Weise zurück. Von da an scheint Falks bis dahin unbeschwerte Kindheit vorbei: Von Anfang an ist er in seiner neuen Klasse in Westberlin der Ostler und Außenseiter. Jahrelang wird er von seinen Mitschülern gequält und schlecht behandelt. Doch dann erkennt er, dass es vielleicht gar nicht so schlecht war, ein Außenseiter zu sein, denn gerade auch deshalb hat Falk seinen Weg gemacht und wurde mit den Jahren zum berühmten Popstar Martin Gold. Und endlich, zum 27-jährigen Abi-Treffen zeigt er es allen. Die Zutaten für seinen Roman Sommerhit hat Tom Liehr im Großen und Ganzen ganz gut gewählt: wir haben ein bisschen DDR-Geschichte, ein Ost-West-Familiendrama, die erste Liebe, Freundschaft, ein dunkles Geheimnis und nicht zuletzt einen sympathischen Protagonisten, mit dem man anfangs mitleidet und mit man sich später freut, wenn er seine Musikerkarriere hinlegt. Alles garniert mit dem Flair der 80er und 90er. Der Schreibstil ist recht angenehm, voller Witz und Wärme. Trotz allem konnte mich der Roman nicht hundertprozentig überzeugen – mir hat da einfach ein bisschen mehr Raffinesse gefehlt, sprich unerwartete Wendungen, ein höheres Erzähltempo und vor allem weniger Klischees. So ist zum Beispiel Falks Schulkasse doch recht schablonenartig gezeichnet: es gibt die typischen coolen Draufgänger, die das Sagen haben, ihre Mitläufer und ein paar wenige Außenseiter – darunter natürlich der Nerd mit Käsefüßen. Dass sich sogar die – natürlich recht tölpelhaften und freakigen – Lehrer von den Cliquenanführern derart einschüchtern lassen, dass sie nichts unternehmen, finde ich zudem recht unglaubwürdig.  Genauso ging es mir mit der DDR-Geschichte – auch hier war mir einiges einfach zu unglaubwürdig und übertrieben dargestellt (speziell Sonjas Geschichte). Zwar hat der Roman durchaus eine Botschaft, so richtig erreicht hat sie mich aber nicht. An sich eine nette, kurzweilige Geschichte für zwischendurch, der große Wurf war es für mich aber nicht.