Rezension

“Die Seelen der Nacht” von Deborah Harkness

Die Seelen der Nacht - Deborah Harkness

Die Seelen der Nacht
von Deborah Harkness

Bewertet mit 4 Sternen

Diana Bishop ist Historikerin mit Leib und Seele. Dass in ihr zudem das Blut eines uralten Hexengeschlechts fließt, versucht sie im Alltag mit aller Kraft zu ignorieren. Doch als Diana in der altehrwürdigen Bodleian-Bibliothek in Oxford ein magisches Manuskript in die Hände fällt, kann sie ihre Herkunft nicht länger verleugnen: Hexen, Dämonen und Vampire heften sich an ihre Fersen, um ihr das geheime Wissen zu entlocken – wenn nötig mit Gewalt. Hilfe erfährt Diana ausgerechnet von Matthew Clairmont, Naturwissenschaftler, 1.500 Jahre alter Vampir – und der Mann, der Diana bald schon mehr bedeuten wird als ihr eigenes Leben …

Nachdem ich ca. die Hälfte dieses Buches gelesen hatte, wusste ich bereits, dass es mir sehr schwer fallen würde, eine passende Rezension dazu zu schreiben. Warum?

Einerseits ist “Die Seelen der Nacht” ein atmosphärisch dichter, mit mystischen Kreaturen und unendlich vielen Geheimnissen bestückter Liebesroman. Innerhalb von 800 Seiten ist der Leser hautnah dabei, wie Diana Bishop den Vampir Matthew Clairmont kennenlernt und die beiden sich schließlich verlieben – obwohl solche Beziehungen strikt untersagt sind. Schon bald sind sie bereit ihr eigenes Leben für den jeweils anderen zu opfern und einen Krieg zu riskieren, um ihre Liebe leben zu können. All dies geschieht vor dem Hintergrund von unzähligen Geheimnissen, die sich nach und nach entfalten – einige werden bis zum Schluss nicht gelöst, denn es handelt sich schließlich um den 1. Teil einer Trilogie – und hierbei wird der Leser in einer stimmungsvollen Welt gefangen, die ihn beim Lesen alles um sich herum vergessen lässt. Für die Welt, die Deborah Harkness hier erschaffen hat und die vielen kleinen, aber feinen Ideen, die sie eingebaut hat, müsste man eigentlich schon die volle Punktzahl vergeben. (Vor allem den letzten Teil des Buches, als Diana bei ihrer Tante und deren Lebensgefährtin zu Besuch ist, habe ich sehr zu lesen genossen! Ein Haus mit einem eigenen Charakter, so eine tolle Idee!)

Andererseits wird es an vielen Stellen deutlich, dass Deborah Harkness mit “Die Seelen der Nacht” ihr erstes Romandebüt vorlegt, denn zuvor hat sie bereits zwei Fachbücher veröffentlicht. Stellenweise scheint Harkness zu vergessen, dass sie dem Leser vergnügliche Lesestunde bescheren und ihn nicht zu einem Spezialisten im Bereich der Alchemie ausbilden will. Dies verwundert insofern nicht, als dass die Autorin auf ihrer Webseite über sich schreibt, dass sie Dozentin für europäische Wissenschaftsgeschichte ist. Es fallen auch die sehr detailgetreuen Ortsbeschreibungen auf, z.B. der Bodleian-Bibliothek – auch hier hat die Autorin laut eigenen Aussagen schon gearbeitet. Aber muss man in einem Roman deshalb jeden einzelnen Quadratmeter der Bibliothek genaustens beschreiben? Außerdem fallen gerade zu Beginn des Buches die viel zu ausführlichen Beschreibungen verschiedener Freizeitbeschäftigungen auf (Schach, Reiten, eine unbekannte Form des Billard, Rudern …), die genauen Schilderungen diverser alchemistischer Manuskripte und Illustrationen ziehen sich bis zum Ende der Geschichte durch. Weiterhin fällt negativ auf, dass die Liebesgeschichte teilweise doch sehr kitschig rüberkommt – hier hätte die Autorin vielleicht etwas weniger in wissenschaftliche Erklärungen und etwas mehr in die Liebesgeschichte investieren sollen.

Zwar habe ich das Lesen von “Die Seelen der Nacht” sehr genossen – nicht umsonst habe ich für diesen Wälzer “nur” eine Woche gebraucht – aber ich kann aufgrund der Längen, die sich leider immer wieder eingeschlichen haben, keine volle Punktzahl verteilen. Trotzdem möchte ich “Die Seelen der Nacht” allen Leserinnen empfehlen, denen der Klappentext an sich schon gut gefällt. Lest es, ich denke ihr werdet es nicht bereuen! Aber man benötigt an einigen Stellen schon einen Funken Durchhaltevermögen ;-)

Ich freue mich schon sehr auf die Fortsetzung, die – auf Englisch – im Juli 2012 erscheint. Die Übersetzung des 2. Teils ist bisher leider noch nicht angekündigt, aber ich fürchte, dass es dieses Jahr nichts mehr wird.

4 von 5 Sternchen