Rezension

Die Suche nach sich selbst

Die wundersame Reise eines verlorenen Gegenstands - Salvatore Basile

Die wundersame Reise eines verlorenen Gegenstands
von Salvatore Basile

„Der Zug hat sie mir gebracht. Sie ist in mein Haus und in mein Leben getreten. Ich habe ihr eine verlorene Puppe zurückgegeben, und sie hat mir im Gegenzug Hoffnung geschenkt.“ (Zitat Klappentext)

Der Moment als Elena in das Leben des dreißigjährigen Michele tritt, verändert sein Leben schlagartig. Seit seine Mutter ihn mit sieben Jahren plötzlich verließ, blieb Michele´s Welt stehen. Er tritt das Erbe seines Vaters als Bahnhofsvorsteher an und lebt zurückgezogen in einem kleinen Häuschen, umgeben von verlorenen Gegenständen, die im Zug liegen blieben. Er sucht in diesen Dingen einen Halt, den er von seinen Eltern nicht bekam. Er fühlt sich auch verloren und hat seinen Platz in der Welt noch nicht gefunden. Elena bezaubert ihn mit ihrer unumstößlichen Art und auch sie fühlt sich von Michele sofort angezogen. Es könnte der Beginn einer romantischen Liebe sein, doch beide tragen ein Schicksal in sich, das erst überwältigt werden muss. Elena überredet Michele seine Mutter zu suchen, um Antworten zu finden. Die Reise wird zur Suche nach sich selbst und gibt Michele mit jedem Moment ein Stück Lebensgefühl, Liebe, Vertrauen und Hoffnung in die Menschen zurück.

Zwei Vögel mit gebrochenen Flügeln, die versuchen zu fliegen. Diesen Vergleich zieht Elena, um ihre und Michele`s Situation zu umschreiben und hätte es nicht treffender formulieren können. Werden es beide schaffen, am Ende, gemeinsam zu fliegen?

„Mitten in ihrem Jubel merkten sie, dass ihnen vor Freude die Tränen übers Gesicht liefen. Manchmal vollbrachte die Zeit ein Wunder und schenkte einem Momente aus der Vergangenheit, die längst vom Vergessen begraben schienen.“ (Zitat S. 219)

„Die wundersame Reise eines verlorenen Gegenstands“ ist ein Roman, den man erst auf sich wirken lassen muss. Das Fundament der Geschichte sind die beiden Hauptprotagonisten Michele und Elena, sie beflügeln die Lektüre mit einer märchenhaft romantischen Stimmung, um den Leser dann wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Salvatore Basile haucht seinen Figuren Leben ein und spannt gekonnt einen Bogen zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart. Jede Erinnerung und jede Begegnung mit anderen Menschen auf Michele`s Suche hat einen tieferen Sinn. Je weiter er sich von seiner vertrauten Umgebung entfernt desto selbstbewusster wird er. Michele entwickelt seine individuelle Persönlichkeit, dessen Entfaltung er jahrelang unterdrückte. Ein Umstand, den es Elena später schwer macht, die innere Bindung mit Michele zu erhalten und auch als Leser wünscht man sich manchmal den alten Michele zurück. So war er doch innerlich zerrissen und hilflos, aber auch viel berechenbarer. Zugegeben zum Ende hin verliert die Geschichte ihren märchenhaften Charme, aber das ist das besondere an dem Buch. Es entwickelt sich, wie die Charaktere, die darin enthalten sind. Ob man das bis zuletzt gut findet, muss jeder für sich selbst herausfinden.

Ich empfinde dieses Debüt für sehr gelungen und vergebe 4 Sterne plus eine Empfehlung für alle, die auch mal zu ungewöhnlich gestrickten Büchern greifen möchten.