Rezension

Die Summe aller Möglichkeiten ist immer noch fast Null

Die Summe aller Möglichkeiten - Olivier Adam

Die Summe aller Möglichkeiten
von Olivier Adam

Es ist Frühling in der französischen Kleinstadt am Mittelmeer. Ein Sturm bringt Zerstörung, bevor die Saison beginnt.

Antoine ist Anfang und Ende dieses Buchs. Sonst hat er es zu nicht viel gebracht im Leben: Seine Frau hat ihn ebenso rausgeworfen wie sein Chef. Und seine große Chance hat er sich auch versaut. Im Pokalspiel hat er einen gegnerischen Spieler niedergeschlagen, damit muss seine Mannschaft aus der 4. Liga ohne ihren Stürmer ins Viertelfinale einziehen.

Von diesem Ausgangspunkt, den Stunden vor dem Sturm über einen Zeitraum von einigen Wochen, erzählt Adam jedes Kapitel aus einer anderen Perspektive, von dem jeweiligen neuen Erzähler hat man meist schon zuvor gehört, ansonsten wird der Zusammenhang schnell hergestellt. Über 20 Personen und ihre Schicksale charakterisiert er dabei und dauerhaftes Glück erfährt keiner von ihnen. Zwischendurch scheint der Tiefpunkt für einige überwunden, aber der nächste Schicksalsschlag wartet eigentlich schon an der nächsten Ecke. Sie alle haben ihre eigenen Sorgen, Probleme, seelische Schmerzen - Hoffnung gibt Adam ihnen und seinen Lesern nicht wirklich.

Die meisten von ihnen bemühen sich sogar, sie versuchen zum Beispiel bessere Eltern zu sein, als sie selbst sie hatten und denken darüber nach, wie sich ihr mieses Schicksal vom Vater auf den Sohn zu vererben scheint. Doch alle Anstrengung nutzt nichts, denn sie haben und sind verloren. In einigen der Episoden verschwindet noch dazu jemand einfach und ist unauffindbar, die Suche nach diesen Figuren zieht sich durch den Roman.

Es geht immer wieder um Menschen, die keinen „ordentlichen“ Platz in unserer Gesellschaft haben, sie haben ihn nie gehabt oder wieder verloren. Sei es weil sie arbeitslos sind oder zwischen mehreren Jobs hin- und herspringen, um finanziell auch nur halbwegs über Runden zu kommen oder sei es, weil sie geliebte Menschen verloren haben, weil diese oder die Liebe gestorben sind und die Einsamkeit an ihnen zerrt.

„Die Summe aller Möglichkeiten“ ist für die Figuren dieses Romans immer noch fast Null, ihre Chancenlosigkeit lähmt auch den Leser. Adam Sammlung deprimierender Schicksale vor dem erwachenden Frühling des Mittelmeers erzeugt eine melancholische Stimmung, weit entfernt von leichter Urlaubslektüre, ist dabei in ihrem Realismus aber durchaus lesenswert. Und ich wüsste zu gerne eine Lösung, mit der man diesen Menschen eine Zukunft geben könnte.