Rezension

Die Terranauten – Leben unter Glas

Die Terranauten
von Tom Coraghessan Boyle

Ein spannendes Projekt mit gelungenen Charakteren.

T.C. Boyle lässt auch in diesem Buch Figuren durch eine Welt stolpern und nach einem Weg, nach dem Sinn des Lebens suchen.

In diesem Roman hat er sich von dem realen Projekt Biosphäre 2 inspirieren lassen. Er schickt acht Menschen, vier Männer, vier Frauen, für zwei Jahre in die Ecosphäre 2, einer riesigen Kuppel mit mehreren Biomen, wie z.B. Savanne, Urwald, Meer und Nutzgarten. Die acht müssen hart arbeiten, um genug zum Leben zu erwirtschaften.

Es existieren strenge Regeln, die Aufgaben sind strikt verteilt. Jeder weiß, was er oder sie zu tun hat.

Die Lebensräume, abgesehen von den kleinen Privatzimmern, sind zu jeder Zeit von Besuchern einsehbar. Es ist erwünscht, dass möglichst viele Besucher kommen, weil das Geld und Prestige für das Projekt bedeutet.

Dem Einschluss für die zweijährige Projektphase ging eine mehrjährige Auswahlphase voraus. Nicht alle, die an der Auswahlphase teilgenommen haben, dürfen in die Kuppel. Das führt zu Rivalitäten, wobei alle gleichzeitig versuchen, das Gesicht zu wahren und sich loyal zu verhalten.

Es gibt eine strikte Regel: Nach dem Einschluss geht nichts mehr hinein und nichts mehr hinaus. Keine Medikamente, keine Versorgung, keine Luft etc.

Von außen wird die Kuppel, werden die Eingeschlossenen, 24 Stunden am Tag überwacht, gesteuert und manipuliert.

Erzählt wird die Geschichte aus drei Perspektiven. Zwei Personen befinden sich in der Kuppel, Dawn und Ramsay, eine außen, Linda.

Die einzelnen Kapitel sind recht lang, sodass man beim Lesen die Gelegenheit bekommt, sich ausführlich in die Gedankenwelt der einzelnen Protagonisten einzufühlen.

Dawn und Linda sind Freundinnen, ganz ehrlich sind zu einander allerdings nicht. Linda wird von der Eifersucht zerfressen. Sie verrät Dawn an die Projektleitung, geht mit ihrem (Ex-?)Freund ins Bett und setzt alles daran, sie aus der Kuppel zu bekommen.

In der Kuppel stellt sich bald der Hunger als größter Feind heraus. Auch die Tatsache, dass die Terranauten immer gut gelaunt und positiv gestimmt umhergehen müssen, damit die Besucher einen guten Eindruck gewinnen können, stellt sich als Belastung heraus.

Zudem führt die Konstellation von vier Männern und vier Frauen natürlich auch zu amourösen Verwicklungen.

Ich hatte mich bereits für die echten Biosphäre-Projekte interessiert und kannte daher die Gegebenheiten schon recht gut.

Trotzdem fand ich die Projektbeschreibungen gelungen und auch spannend, da sie immer mit Handlung verknüpft waren.

Der Erzählstil nimmt sich Zeit und so die Leser mit in die Kuppel und auf die Reise bis an die Grenzen der körperlichen und seelischen Erschöpfung.

Durch den wechselnden Blick der drei Protagonisten erweitern sich mit jedem Perspektivwechsel die Einsichten in die Beweggründe, die Psychologie der Personen. Je länger die Einschlusszeit dauert, umso mehr kristallisieren sich die Konflikte heraus. Schließlich geht es auch um Leben und Tod, nicht nur um den Erfolg des Projektes.

Was mich nicht wirklich begeistert hat, waren die Ausflüge in die Literaturgeschichte. Die Projektleitung hat angeordnet, dass die Terranauten Theaterstücke einüben und aufführen müssen. Zwar lassen sich die Begründungen (Gruppendynamik) nachvollziehen, aber wirklich einsichtig erschien es mir nicht.

Ich hätte stattdessen lieber mehr über die Aufgaben und Herausforderungen der anderen sechs Terranauten erfahren.

Insgesamt habe ich das Buch sehr gern gelesen, fand es flüssig geschrieben. Die Charaktere haben mich fasziniert. Das Ende hat mich sehr überrascht und sorgt dafür, dass ich noch länger über die Konsequenzen nachdenken werde.