Rezension

Die Traurigkeit der russischen Seele...

Das Haus zur besonderen Verwendung - John Boyne

Das Haus zur besonderen Verwendung
von John Boyne

Bewertet mit 5 Sternen

"Ein aufwühlendes, atemberaubendes Epos über das Schicksal des letzten russischen Zaren und seiner Familie."The Times

In einem kleinen russischen Dorf verhindert der sechzehnjährige Bauernsohn Georgi 1915 ein Attentat auf ein Mitglied der Zarenfamilie. Dadurch ändert sich sein gesamtes Leben, denn aufgrund seiner Loyalität wird er daraufhin nach St. Petersburg an den Zarenhof gerufen, wo er in die Dienste Zar Nikolaus II. tritt.
Als Leibwächter des Zarensohnes Alexej betritt er nun eine ungewohnt mondäne und prunkvolle Welt, freundet sich aber schließlich mit seinem Schützling an und lernt auch die jüngste Tochter des Zaren kennen: Anastasia. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Liebe auf den ersten Blick, eine Liebe, die jedoch nicht gelebt werden darf. Der Tradition gehorchend, sind die Pläne für die Zukunft der Zarentöchter politisch orientiert, für jede schon der passende adlige Ehemann ausgesucht. Doch Georgi und Anastasia gelingt es, unentdeckt zu bleiben. Bis die Revolution ausbricht und Anastatsia und ihre Familie an einen geheimen Ort verschleppt werden: ins "Haus zur besonderen Verwendung"...

Erzählt wird die Geschichte in Zeitsprüngen - chronologisch in der Vergangenheit, rückwärts in der Gegenwart, bis beide Erzählstränge sich treffen. So offenbart sich erst gegen Schluss ein Geheimnis, das für den Leser dennoch nicht überraschend kommen dürfte - in jedem Fall ist das Buch für mich ein Meisterwerk der Erzählkunst.
Boyne gelingt es, den Leser in die Geschehnisse vor und während der Revolution eintauchen zu lassen, schafft dabei aber auch einen engen Bezug zur Gegenwart Georgis, so dass sich seine Geschichte, gepaart mit dem Schicksal der letzten Zarenfamilie, letztlich wie ein geschlossener Bilderreigen vor dem Leser entfächert.

Boyne verwebt gekonnt die historischen Tatsachen mit seinen erdachten Figuren und bietet so nicht nur eine wundervoll traurige Liebesgeschichte, sondern auch gleichzeitig eine anschauliche Lehrstunde über eines der wichtigsten Kapitel der russischen Geschichte.
Die Erzählung selbst ist sehr ruhig, dabei jedoch eindringlich, der Schreibstil flüssig und eingängig. Die Geschichte ist berührend, und Boyne ist es gelungen, auch die Traurigkeit und Melancholie der russischen Seele einzubinden, ohne ins Kitsichge oder in Klischees abzugleiten.

Insgesamt ein beeindruckendes Leseerlebnis, und sicherlich nicht mein letztes Buch von John Boyne!