Rezension

Die volle Breitseite: Sex, Suff und zahlreiche Abgründe

Der Goldene Handschuh
von Heinz Strunk

Bewertet mit 4 Sternen

Ist es leichte Kost, weil es bisweilen ganz unterhaltsam ist? Weil der Strassenslang so einfach, so bieder bis vertraut klingt. Oder ist es schwere Kost, weil so viel Elend, Absurditäten, abnormes Verhalten, permanentes sexuelles Verlangen oder Alkohl in rauen Mengen fließen?
Schwierig - wie das ganz Buch! Heinz Strunk hat ein Roman gefertigt, der polarisiert, der aufklärt, der betroffen macht, der aber gleichwohl heiter beschwingt und unterhaltsam daherkommt. Ein schwieriges Unterfangen, das eigentlich ganz gut gelöst wurde, aber von mir dennoch mit vier Sternen (mit der Tendenz zu 3 1/2 Sternen) belohnt wurde.

Warum? Mir fehlt etwas die Struktur, mir fehlten zur besseren Einordnung echte Kapitel und nicht so harte Schnitte. Man fährt  quasi ungebremst an größere Kreuzungheran, ohne dass eine Ampel oder ein Stop-Schild vorhanden sind.
Fritz Honka, ein vierfacher Frauenmörder aus Hamburg wird auf 250 Seiten intensiv begleitet. Nach schwerer Kindheit findet er auf dem Kiez nur recht einfach und eindimensional ins triste Leben. Ein Welt voller Säufer, Huren, voller Gewalt und Dreck umgibt ihn. Als der Versuch, ins bürgerliche, fast normale Leben zu wechseln scheitert, da erfolgt das kolossale Abtauchen in die Unterschicht und in den Abgrund. In der heruntergekommenen Kneipe "Der goldene Handschuh" macht er sich an die einfachen und glücklosen älteren Frauen heran, die er abschleppt und daheim längere Zeit mißbraucht.

Sprachlich verwundert das Buch. Die einfache (und vielfach falsche) Sprache waren mir mitunter etwas zu viel. Vielleicht originalgetreu, vielleicht aber auch etwas viel der besorgniserregenden Unterschicht.

So ist der Roman dann mehr eine sehr intensive, drastischen Millieu-Studie aus den 70er Jahren, denn ein unterhaltsamer Roman. Eine kleine Welt voller Irrer, voller kranker Verlierertypen - ein trauriges Buch, bei dem man freilich häufiger schmunzeln darf...

Auch ob der rohen, verdorbenen Sprache (Jetzt will ich ficken.., Fickarsch, Pisskotzer) war ich ob der Lobeshymnen der zahlreichen Kritiker recht verwundert. Gleichwohl strahlt das Buch auch eine kleinere Faszintion aus..

Die Sätze des Buches:
"Man kann kein neues Leben beginnen, sondern immern nur das alte fortsetzen."

"Aus verbotenen Früchten kann man viele Marmeladen kochen.."