Rezension

Die Welt des Balletts

Die Schwester des Tänzers - Eva Stachniak

Die Schwester des Tänzers
von Eva Stachniak

Bewertet mit 3 Sternen

~~Bei einem Buch mit so einem Titel und Cover kann man nie ganz sicher sein, dass es nicht Schmus ist. Aber zum Glück liest sich das Buch recht ordentlich und wenig kitschig, schließlich handelt es sich ja auch um ein Buch, das beim Insel-Verlag erschienen ist, der zu Suhrkamp gehört. Erzählt wird die Geschichte einer Familie von Tänzern.
Die Erzählweise ist rückblickend und ziemlich konventionell. Doc immerhin sind die handelnden Figuren emotional.
Die Geschichte beginnt Ende des 19.Jahrhunderts. Das prägt den Ton des Buches.
Gelegentlich wird auch einmal kurz in der Zeit vorgesprungen, nur um dann wieder ab 1900 weiterzugehen. Bronia ist da noch ein kleines Mädchen, ihr Bruder Waslaw schon da das Talent und die große Hoffung. 1910 erobert er als Tänzer Paris. Er ist ein Star und im Prinzip die zentrale Figur des Romans. Darin liegt auch ein wenig mein Problem mit dem Roman, denn den Charme und Zauber dieses Protagonisten spüre ich nicht. Wenn er so faszinierend ist, müsste das literarisch mehr erschlossen werden. Seine Leistung als Tänzer kann ich als Leser schließlich nicht wahrnehmen und nicht bewerten. Seine Schwester Bronislawa steht in seinem Schatten. Bald ist sie erwachsen, heiratet Sascha, ebenfalls ein Tänzer. Bronia ist mir sympathischer als der sensible, aber egoistische und manchmal hysterische Waslaw. Streng genommen gibt es ein konzeptionelles Problem in der Romanshandlung weil Waslaw viel zu wenig mitwirkt, obwohl er die wichtigste Figur sein soll.

Die Tanzszenen sind nicht so detailliert, das ich mir ein Bild machen kann, aber die Welt des Ballets im frühen zwanzigsten Jahrhunderts empfinde ich als glaubwürdig geschildert.
Politische Ereignisse bedeuten Veränderungen auch für die Geschwister. Der Roman selbst bleibt erstaunlich unpolitisch.

Die Schwester des Tänzers ist ein opulenter, mächtiger und umfangreicher Roman, dem ich mich streckenweise nicht ganz gewachsen fühlte. Es gibt natürlich viele bemerkenswerte Passagen und Momente im Buch. Geneigte Leser können jedoch sicherlich schwelgen, wie es ja versprochen wird. Bei mir bleibt es bei 3 Sterne!