Rezension

“Die Welt hatte Zähne, und sie konnte damit zubeißen, wann immer sie wollte."

Das Mädchen - Stephen King

Das Mädchen
von Stephen King

Darum gehts: Die neunjährige Patricia McFarland, kurz Trisha, bricht mit ihrer Mutter Quilla und ihrem Bruder Pete zu einer Waldwanderung auf dem Appalachian Trail auf. Es scheint ein Ausflug zu werden wie unzählige andere auch. Seit der Trennung ihrer Eltern streiten sich ihr Bruder und ihre Mum ununterbrochen, aber Trisha versucht, fröhlich zu bleiben, um ihrer Mutter einen Gefallen zu tun. Doch das anhaltende Gestreite geht dem Mädchen bald auf die Nerven, so dass sie mit ein bisschen Abstand hinter den beiden hertrottet. Ihr Quängeln, die zwei sollten doch mal warten, weil sie mal pinkeln muss, überhören die Streitenden mehrmals. Trish beschließt daraufhin, nur ein kleines Stück in den Wald zu gehen, um sich zu erleichtern. Nur ein ganz kleines Stück abseits des Pfades. Doch bald stellt sie fest, dass sie wohl doch zu weit abgekommen ist. Die Stimmen der Wanderer sind leiser geworden, der Pfad ist nicht mehr zu sehen. Sie will zurück zum Weg, doch stattdessen bewegt sie sich genau davon weg. Vor ihr liegt nur noch Wald und noch mehr Wald. Zuerst will sie sich nicht eingestehen, dass sie sich verlaufen hat, doch als es langsam Nacht wird, sie schon von Mücken zerstochen ist und die Essenvorräte immer knapper werden, sieht sie ein, dass sie in eine furchtbare Situation geraten ist. Und etwas verfolgt sie. Zwar sieht sie es noch nicht, doch seine Anwesenheit ist schon bald deutlich spürbar.

 

Meine Meinung

Das Buch beginnt ganz unspektakulär. Man begleitet Trisha auf der Fahrt zum Waldstück, in dem die Familie wandern will. Das Gestänker zwischen Bruder und Mutter ist leider auch ganz normal. Doch sobald Patricia vom Pfad abkommt, wird es spannend. Wobei, man darf hier keinen actionlastigen Roman erwarten. Es ist eher ein "natürliches" Grauen, das dem jungen Mädchen zu schaffen macht. Dunkelheit, Einsamkeit, Essensnot. Aber auch die Waldtiere tragen zu ihrem Unbehagen bei. Zuerst wird sie von Mücken zerstochen, dann strauchelt sie in ein Wespennest (oder Bienen? weiß ich nicht mehr, auf jeden Fall stechende Insektenviecher). Besonders beängstigend sind die gerissenen Tiere, an denen sie vorbei kommt. Irgendetwas Großes mit scharfen Klauen muss sie zerfetzt haben. Sie muss ihre Ängste überwinden, z.B. durch eklige Sümpfe waten und ähnliches. Zu allem Überfluss wird sie auch noch krank. Der einzige Begleiter, den sie hat, ist Tom Gordon (englischer Originaltitel: The girl who loved Tom Gordon). Tom Gordon ist ihr liebster Footballspieler bei den Boston Red Sox und natürlich begleitet er sie nicht wirklich, aber Trisha hat ihren Walkman dabei. Und sie weiß, wenn die Red Sox gewinnen, wird auch sie gerettet. So hört sie sich die Spiele im Radio an und hofft, dass die Batterien nicht leer werden. Die Stimmen der Kommentatoren und das Jubeln der Menge sind ihre einzige Verbindung zur Außenwelt. Bald sieht sie Tom Gordon sogar neben sich herlaufen, sie halluziniert. Doch Trisha klammert sich an ihn, um nicht vollkommen verrückt zu werden.

Ich habe sehr mit der Neunjährigen mitgelitten. Sie tut einem wirklich leid. Sie wollte ja niemandem etwas Böses. Die Ängste, mit denen sie zu kämpfen hat, sind sehr real. Und mir graut es wirklich davor, dass mir sowas auch mal passieren könnte. Ich finde es unglaublich, wie tapfer sie sich durch den Wald kämpft und immer versucht, positiv zu denken. Sie hält Ausschau nach essbaren Beeren, Nüssen und anderen Pflanen und ersucht sich an Ratschläge ihrer Mutter zu halten, z.B. einem Fluss zu folgen, weil dieser irgendwann aus dem Wald hinaus fließen müsste. Doch trotzdem ist sie eben nur ein kleins Mädchen, Tränen und Panik sind ein hartnäckiger Begleiter auf ihrer Wanderung. Ganz mit natürlichen Dingen geht es allerdings nicht zu. Ein unbekanntes, grausames Ding verfolgt sie, meistens außer Sichtweite, aber indeutig in ihrer Nähe. Bis zum Ende ist nicht ganz geklärt, was es damit auf sich hat. Ist es real, oder verkörpert dieses Etwas nur Patricias Ängste, denen sie sich stellen muss? Auf jeden Fall ist Trishas Wille, zu überleben wirklich sehr fesselnd. Das Buch konnte ich nicht so leicht wieder weglegen, ich wollte unbedingt wissen, wie es mit dem Mädchen weitergeht, was ihr zustößt und was hoffentlich nicht. Wird sie gerettet oder kann sie sich selbst retten?

 

Fazit

"Das Mädchen" ist ein Buch, das den Leser mit ganz natürlichen Schrecken fesselt und ohne großartige Sondereffekte (Monster, Splatter..) auskommt. Mit der kleinen Trisha leidet man wirklich mit und muss unbedingt wissen, wie die Geschichte ausgeht, wenn man einmal damit angefangen hat. Ich habe das Buch jetzt schon mehrmals gelesen und die Geschichte begeistert mich immer noch, obwohl ich das Ende ja eigentlich schon kenne.