Rezension

Die Wurzeln, die uns halten

Mein Vater ist Putzfrau - Saphia Azzeddine

Mein Vater ist Putzfrau
von Saphia Azzeddine

Bewertet mit 4.5 Sternen

Paul lebt mit seiner Familie in einer Vorstadt von Paris - in einem Problemstadtteil. Sein Vater verdient den Lebensunterhalt für die Familie als Angestellter einer Putzfirma, während seine Mutter gelähmt an die Wohnung gefesselt ist und seine ältere Schwester nur Schönheitswettbewerbe im Kopf hat. Paul hilft seinem Vater häufig nach der Schule und dabei lernt er in der Bibliothek die Welt der Bücher kennen. Er erkennt, dass diese ihm die Tür zu einem anderen, besseren Leben öffnen können.

Saphia Azzeddine beschreibt aus Pauls Sicht eine berührende Vater-Sohn-Geschichte, in das Verhältnis vom Sohn manches Mal hinterfragt wird, und zugleich eine Geschichte über das Erwachsenwerden, mit all den üblichen emotionalen Achterbahnfahrten. Der Erzählstil ist dabei eingängig und der Herkunft Pauls angemessen. Durch die Ich-Perspektive erlebt der Leser alle Emotionen von Paul hautnah, seine Scham genauso wie seine Wut. Pauls Wunsch aus seinen aktuellen Lebensumständen auszubrechen steigert sich manchmal zu einem regelrechten Hass auf seine Familie, gleichzeitig fühlt er immer wieder besonders mit seinem Vater eine tiefe Verbundenheit. Als Leser kann man seine Zerrissenheit sehr gut nachfühlen.

Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen, denn man merkt als Leser, dass Aufgeben und sich in die Umstände fügen keine Option für Paul ist. Das Buch ist zwar manches Mal traurig, weil man Paul mehr Glück im Leben wünscht, zugleich macht es aber auch Mut, dass man mit genug Arbeit dem scheinbar vorgegebenen Leben entwachsen kann. Und das auch ohne mit seiner Vergangenheit zu brechen.