Rezension

Diesen Autor sollte man sich merken

Ein weiter Weg - Dan Gemeinhart

Ein weiter Weg
von Dan Gemeinhart

Inhalt:
Im Jahr 1890 macht sich der dreizehnjährige Joseph auf den Weg sein geliebtes Pferd Sarah wiederzufinden, welches sein Vormund in einer Nacht- und Nebelaktion an einen vorbeiziehenden Pferdehändler namens Ezra Bishop verkauft hat. Immer wieder erhascht Joseph einen kleinen Hinweis, in welche Richtung Ezra Bishop mit seiner Herde weitergezogen ist. Immer deutlicher wird ihm bewusst, dass der Pferdehändler dazu neigt, Gewalt anzuwenden und seine Vertragspartner über den Tisch zu ziehen. Doch gleichgültig, welche Hindernisse sich Joseph entgegenstellen, er geht seinen Weg. Egal, wie unfair ihm andere Menschen begegnen, Joseph hält sich an die Grundwerte, die ihm seine Eltern vermittelt haben: Er handelt stets gerecht. Und so kommt es, dass er neben der gefährlichen Begegnung mit einem Bären, einem Besuch im Indianerdorf, einer wilden Flussfahrt, der Begegnung mit einem gefährlichen Betrüger auch einen besten Freund fürs Leben und fast ein neues Zuhause findet.

Schreibstil:
„Ein weiter Weg“ erinnerte mich in einigen Aspekten sehr an das weitere von Dan Gemeinhart erschienene Buch, „Die wirkliche Wahrheit“. Auch hier liegt dem noch jungen Protagonisten ein Tier ganz besonders am Herzen. Auch hier wagt der Held sich auf eine Reise und erlebt ein großes Abenteuer. Auch das Thema Freundschaft ist erneut ein sehr wichtiger Aspekt dieses Romans.
Die Geschichte von Joseph und seiner Suche nach dem Pferd Sarah spielt im Jahr 1890. Der Flair dieser Zeit wird deutlich, wenn man die kleinen Details der Geschichte betrachtet. Für Ordnung sorgt zum Beispiel noch ein Sheriff mit einem Stern an der Weste, die Charaktere reden sich mit Bursche oder Sir an. Eine Pistole funktioniert noch auf altmodische Weise, indem man zuvor noch den Hahn spannen muss. Autos oder Fahrräder findet man hier nicht, als Fortbewegungsmittel dient noch das gute alte Pferd.
Wir verfolgen die Geschichte aus der Sicht eines dreizehnjährige Jungen namens Joseph, der jedoch mit seinem Verhalten oft viel älter wirkt. Sehr oft habe ich mich dabei ertappt, dass ich mir vor dem inneren Auge einen dreißigjährigen Mann vorgestellt habe. Josephs Eltern und auch die jüngere Schwester sind an Krankheit sowie einem Unfall verstorben. Alles, was er noch hat, ist Sarah, das Pferd, das ihm bislang treu zur Seite stand. Ein Freund in guten und schlechten Zeiten. Joseph zieht los um dieses Pferd zu finden. Wenn ihm Unrecht widerfährt, dann handelt er nicht aus Rache oder Wut, sondern besinnt sich der Worte seiner Eltern und versucht so gerecht wie möglich zu handeln. Seine Entscheidungen sind immer gut durchdacht, vorbildlich und sehr weise gefasst.
Auf seiner Reise begegnet Joseph bald einem einsamen und traurig wirkenden chinesischen Jungen. Seit Tagen hat A-Kih, der vor einem Kaufsmannsladen sitzt, angeblich nichts gegessen. Joseph kauft ihm Brot und Wasser und versucht ein Gespräch. Doch A-Kih kennt nur seine eigene Sprache. Bald schon befinden sich die beiden Jungen gemeinsam auf ihrem Weg. Trotz Verständigungsprobleme entspinnt sich schon bald eine wundervolle und enge Freundschaft, die ohne Worte funktioniert.
Joseph und A-Kih werden dem Leser bald schon ans Herz wachsen. Die Abenteuer, die sie auf ihrer Reise erleben sind spannend und immer wieder fragt man sich, was wohl den chinesischen Jungen antreibt. Ein kleiner schwarzer Vogel scheint sein Talisman zu sein. Immer wieder zeigt er ihn vor, immer wieder spricht er andere Menschen auf seiner Reise in seiner seltsam fremden Sprache an. Seine Worte klingen mal beruhigend, mal drängend.

Fazit:
Ein weiter Weg ist die Geschichte von Joseph, einem dreizehnjährigen Jungen, der auf der Suche nach seinem Pferd von einem Abenteuer ins nächste gerät. Im Fokus des Buchs steht das Thema Freundschaft, die, so lernt der Leser aus Dan Gemeinharts Worten, nicht immer auf Gemeinsamkeiten beruhen muss. Der Protagonist wirkt mit seinem erwachsenen und ehrenwerten Ansichten, mit seinem Mut und seiner Entschlossenheit wie jemand, den man sich gerne zum Vorbild nehmen möchte.
Ein weiter Weg ist das zweite Buch von Dan Gemeinhart, welches mich restlos von sich überzeugen konnte. Empfehlen möchte ich diese Geschichte Lesern, die ein Abenteuer suchen, die das Thema Freundschaft interessiert und die einen ganz besonderen Autor für sich entdecken wollen.

Buchzitate:
Meine Mutter hat immer gesagt, wenn jemand etwas Hässliches tut, soll man nicht einfach genauso hässlich sein, sondern lieber ein bisschen Sonnenschein verbreiten, zum Ausgleich.
Wenn man nichts hat, wohin man gehen kann, bleibt man wohl am liebsten einfach da, wo man ist – und sei es noch so schrecklich.
Meine Stimme brach, aber wenn etwas getan werden muss, dann bleibt einem nichts anderes, als sich reinzuknien und die Sache so gut wie möglich zu erledigen.