Rezension

Dieser Sommertrip lohnt sich ...

Tschick - Wolfgang Herrndorf

Tschick
von Wolfgang Herrndorf

Bewertet mit 5 Sternen

Maik Klingenberg ist ein Außenseiter in seiner Klasse, aber er ist in das beliebteste Mädchen verliebt. Allerdings weiß er nicht, wie er an sie ran kommen soll, er hofft still und heimlich, dass er auf ihrer Geburtstagsparty zum Zug kommt. Aber das Unvorstellbare passiert, am letzten Tag vor den Ferien, hat er immer noch keine Einladung erhalten. Frustriert, verärgert und einsam, nimmt er sein schreckliches Schicksal die Sommerferien allein zu verbringen an, denn zu Hause wartet das Taxi für die Mutter, die zur Entzugsklinik fährt und der Vater macht mit seiner Geliebten Urlaub. So bleibt Maik allein zurück, bis sein Klassenkamerad Tschick vor der Tür steht. Eigentlich haben die Zwei so noch nichts miteinander zu tun gehabt, immerhin ist Tschick erst in die Klasse gekommen und dazu kommt, dass er einen Integrationshintergrund hat. Aber da nichts ansteht, verbringen die beiden Zeit zusammen und düsen mit dem geklauten Lada rum. Bis die Idee immer mehr heranreift, einfach drauf loszufahren, ohne Karte und Kompass, einfach ins Abenteuer. Und so startet sie los ...

Über dieses Buch wurde schon so viel geschrieben, so viele Meinungen kundgetan, dass es eigentlich meiner Worte nicht mehr bedarf. Aber ich mag trotzdem meine Gefühle und Gedanken in Worte fassen und sie für euch, oder mich, besser gesagt niederschreiben.

Dieses Buch lag schon sehr lange auf meinem Stapel der ungelesenen Bücher, und da jetzt bald ein Kinofilm startet und viele deshalb vorab noch zum Buch greifen, dachte ich, warum ich nicht auch. Gesagt, getan und schon fing das Abenteuer an.

Wolfgang Herrndorf hat hier wirklich gut unsere Gesellschaft eingefangen und ich glaube, es ist nicht nur ein Jugendbuch, sondern eine Geschichte für jedermann. Man kann herrlich seine eigene Jugend reflektieren, seine Sorgen in diesem Alter nachempfinden und den jungen Maik in so vielen Dingen wirklich verstehen. Dann fand ich diese Unbeschwertheit, dieses nicht wirklich Bedenken und einfach dieses naive Vorangehen, herrlich zu lesen. Das Leben für diesen Augenblick genießen und den Moment, wo alles gut ist, hoch leben lassen. Dieses Gefühl, von Freiheit, blinden verstehen und einfach drauf losfahren, hat der Autor wunderbar eingefangen.

Gleichzeitig lässt er einen aber auch zwischen den Zeilen lesen. Nehmen wir Maiks Eltern, beide sind mehr mit sich selbst beschäftigt und lassen ihren Sohn allein. So muss Maik schneller erwachsen werden, mit seinem Kummer allein klarkommen und manche Entscheidungen treffen, die sonst ein Jugendlicher nicht treffen muss. Ein Problem, was in unserer Gesellschaft immer größer wird, dass sich selbst in den Mittelpunkt stellen und alles drum herum vergessen. Dann die Behandlung von Ausländern, die ganzen Vorurteile, das ablehnende Verhalten der Mitmenschen und das, nicht an sich ran kommen lassen. Genauso lässt er seine beiden Helden auf Fremde treffen und wie wir doch immer, das Schlimmste erwarten. Das uns immer gepredigt wird, Angst vor Fremden zu haben und dann die tollsten Dinge erleben. Damit will ich nicht sagen, dass man nicht vorsichtig sein soll, sondern das wir so viele negative Gedanken in unseren Köpfen verankert haben, das uns die Unbeschwertheit mit neuen und fremden einfach nicht leicht fällt.

So erleben wir ein richtiges Roadmovie mit vielen Auf und Abs und verbringen einen wunderbaren Sommer. Wolfgang Herrndorf hat eine ganz tolle Art zu erzählen und trifft mit seiner Wortwahl immer den richtigen Ton. Dabei kommt es so locker und einfach rüber, er transportiert Gefühle so leicht und schafft so eine unglaubliche Atmosphäre. Er lässt uns lachen, mitfiebern, verstehen und miterleben, das Gefühl dabei zu sein, ist hier sehr stark vertreten. Außerdem mochte ich seine Bilder, die er in unseren Köpfen auslöst, die irre Fahrt durchs Feld, der Regen der aufs Autodach prasselt und der Sprung in den See. Unverblümt, ehrlich, ein bisschen melancholisch und man wünscht sich so sehr, dass diese Fahrt nicht endet.