Rezension

Dieses Buch ist etwas Besonderes

Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken
von John Green

John Green steht für eine poetische Schreibweise und er erschafft Figuren, die allesamt besonders sind. So habe ich es bisher erlebt und so habe ich es dieses Mal natürlich auch erwartet. Den gewohnt poetischen Schreibstil habe ich auf der Stelle geliefert bekommen, doch um die Besonderheit Azas zu sehen und zu verstehen, hat es eine Weile gebraucht.
Das Buch begann für mich mit angezogener Handbremse. Green beschreibt seine Protagonistin, zeigt dem Leser ihre Gedanken und schildert die innere Gedankenspirale, mit der Aza Tag für Tag zutun hat. Was im Kopf der Protagonistin passiert, ist wirr, manchmal absolut nicht nachvollziehbar und stellenweise auch total drüber. Jedenfalls empfindet man dies, wenn man die einzelnen ersten Seiten hinter sich lässt. Es fiel mir sehr schwer, Aza zu verstehen, einen Bezug zu ihr und gleichzeitig einen Bezug zu ihrer Geschichte zu finden. Im Laufe der Zeit lässt dieses Chaos allerdings zum Glück nach. Ich verstand die Protagonistin nun besser, konnte mit ihr mitleiden und mich besser mit ihr identifizieren. Gleichzeitig fand ich auch endlich meinen Platz in "Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken", den ich bis zum Ende hin auch nicht mehr verlassen habe.
Neben Aza spielt Daisy eine sehr wichtige Rolle. Sie ist ihre beste Freundin und die Einzige, die sich mit ihr so richtig versteht und Zeit mit ihr verbringt. Dass Daisy Aza versteht wage ich zu bezweifeln, allerdings ist dies auch überhaupt nicht wichtig. Das Wichtige ist zweifellos der Umgang, den die beiden miteinander pflegen. Wie sie miteinander in den verschiedenen Situationen agieren. Daisy sagt ihrer Freundin auch mal die Meinung, wie man es in einer solchen Beziehung eben ohne Umschweife machen kann. Sie nimmt keinen Blatt vor den  Mund. Ansonsten ist sie eher ein bisschen unsichtbar.

»Das wahre Grauen ist nicht, Angst zu haben; es ist, keine andere Wahl zu haben.«
Zitat aus: "Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken"

So richtig erfährt man bis zu einer bestimmten Stelle nichts von dem Mädchen, was es für mich umso interessanter gemacht hat, ihre Szenen zu verfolgen. Ich wollte wissen, mit wem Aza ihre Zeit verbringt. Ich wollte hinter die Fassade schauen können und nicht nur die Oberfläche betrachten. Gerade die Szene, in der man  mehr über Daisy erfährt ist eine der Stärksten, wie ich finde. Sie ist stark, ehrlich, direkt und lässt einen ein bisschen fassungslos zurück.
Allgemein beschreibt John Green schonungslos, was die einzelnen Zwangshandlungen und Neurosen mit Aza veranstalten und gibt den Leser so einen tiefen Einblick in die Materie. Gerade weil die Protagonistin alles in der Ich-Form schildert, bekommt man als Leser so die volle Wucht ihrer Krankheit zu spüren. Es hat mich total interessiert mehr darüber zu lesen und Aza besser kennenzulernen.
Die Suche nach dem Vater von Davis gerät ein bisschen in den Hintergrund. Zwar begleitet uns dieser rote Faden das gesamte Buch über, wird auf der ein oder anderen Seite allerdings immer ein bisschen heller, bis er irgendwann ganz verschwindet. Dies ist allerdings überhaupt nicht schlimm, denn die Begegnung mit Davis ist meines Erachtens sowieso viel interessanter und relevanter, als die Suche an sich. Während sich die beiden annäherten, hatte ich selbst Schmetterlinge im Bauch, weil das alles so echt und greifbar erschien. Es fühlte sich niemals aufgesetzt oder irgendwie an den Haaren herbeigezogen an, sondern hat mich komplett überzeugen können. Davis ist ein ganz besonderer Junge, der viel mehr in Aza sieht, als sie selbst und ihr dies auch glaubhaft rüberbringen kann.
Es hat mich berührt zu lesen, wie sich die Protagonistin immer mehr öffnet und versucht Davis zu vertrauen. Ob ihr dies gelingt, werde ich an dieser Stelle aber natürlich nicht verraten.

Fazit:
"Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken" besticht durch eine skurrile, aber liebenswerte Protagonistin, die man von Seite zu Seite immer mehr versteht. Auf 288 Seiten geht es um Liebe, Freundschaft, aber vorwiegend darum, wie man mit einer Krankheit lebt, die einem den Alltag um so vieles erschwert. Einzig der etwas holprige Start, lässt mich bei diesem sonst so überaus gelungenem Werk einen Punkt abziehen. Für mich ist dieser Roman etwas Besonderes.

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