Rezension

Dieses Buch wird dir sagen, ob du Hipster bist oder nicht.

111 Gründe, Hipster zu hassen - Ralph Stieber

111 Gründe, Hipster zu hassen
von Ralph Stieber

Bewertet mit 3.5 Sternen

Hipster. Ein Wort, ein Menschenschlag. Ein Modetrend? Eine Einstellung? Man weiß es nicht so genau. Jeder kann sich unter einem Hipster etwas vorstellen, aber genau abgrenzen kann man ihn auch nicht. Oder mit anderen Worten 'Sind wir nicht alle ein bisschen hipster?'.

Medienaffin, trendbewusst, lässig, selbstverliebt, naiv. Das sind die Hauptattribute, die ich der Hauptfigur des Buches, dem Hipster Jonas, zuschreiben möchte. Er lässt sich gnädigerweise dazu herab, obwohl ein Hipster ja angeblich nie zugibt, einer zu sein, mit uns seine Gedanken zu teilen. Jonas hat viele Pläne, verwirklicht aber kaum welche davon. Er hat tiefschürfende Gedanken, macht aber nichts daraus. Das wichtigste ist für ihn die Suche nach dem nächsten literarisch anmutenden Gedankenschnipsel, den er twittern könnte.

Die Kapitelüberschriften sind die titelgebenden Gründe einen Hipster zu hassen, scheinen aber nicht von Jonas, sondern von einem außenstehenden Beobachter vergeben worden zu sein. Das gibt der Sache zusätzlichen Witz, aber an sich ist der Text bzw. Jonas auch Anlass zum Amüsieren genug. Hier scheiden sich naturgemäß die Geister: Ist es Fremdschämen oder Selbsterkenntnis, was einen schmunzeln lässt? Kann man sich mit Jonas identifizieren oder findet man ihn unmöglich? Hat man Verständnis für seine Leidenschaften, oder möchte man permanent mit den Augen rollen ob seiner Fixierungen? Für die Sympathisanten ist Jonas wohl Identifikationsfigur und die 111 Gründe, Hipster zu hassen werden für die nächsten Twitter-Nachrichten gespeichert, denn wir lernen: Gerade Hipster hassen Hipster! Für die anderen, die sich nicht mit Jonas identifizieren können, ist das Buch eine durchgehende Bestätigung all' ihrer Vorurteile und sie dürfen sich versichert fühlen: Hipster sind nervig.

Der Versuch einer Charakterisierung des Hipsters ist kurzweilig, doch unbefriedigend. Das liegt aber offensichtlich am Hipster an sich, denn der windet sich wie ein Aal, wenn es daraum geht, sich festzulegen und zu entscheiden.
Ob man nun selbst ein Hipster ist, wird einem nicht die Check-Liste am Ende des Buches sagen, sondern die Reaktion beim Zuklappen des Buches. Bedauern, dass es schon zuende ist oder Erleichterung, dass man endlich wieder was anderes lesen kann?