Rezension

Doch die Wahrheit steht auf einem anderen Blatt

Die geliehene Schuld - Claire Winter

Die geliehene Schuld
von Claire Winter

Bewertet mit 5 Sternen

Die Autorin Claire Winter hat einen weiteren Bestseller geschrieben. Ihr  Roman "Die geliehene Schuld" nimmt den Leser mit auf eine Reise in das Nachkriegsdeutschland zu der Protagonistin  Vera Lessing,  Journalistin in Berlin, die während des Zweiten Weltkrieges ihre Eltern und ihren Ehemann verloren hat. Als ihr Jugendfreund und Kollege Jonathan Jacobsen auf rätselhafte und nicht nachvollziehbare  Art und Weise  in Köln bei einer Recherche ums Leben kommt,  wird Vera in seine Arbeit hineingezogen. Ein brisantes Thema, das Jonathan aufgegriffen hat…   und das für Vera ebenso viele Gefahren wie auch Überraschungen birgt ….

Nachkriegsdeutschland, noch in der Selbstfindungsphase, noch ohne Regierung – Neuorganisation zweier deutscher Staaten, die für lange Zeit geteilt sein werden, vier  verschiedene Besatzungszonen und mitten in dieser geschichtsträchtigen Zeit begegnet der Leser Marie, einer jungen Frau, die nach dem Krieg ihren eigenen Weg sucht, der viele unbeantwortete Fragen auf der Seele brennen, zu denen sie in ihrem Elternzeit keine oder nur unbefriedigende Antworten erhält, die zu den Nürnberger Prozessen reist, um Antworten auf ihre Fragen zu finden, die rein zufällig auf Jonathan trifft und auf Lina, eine Jüdin, die wie sie versucht zu verstehen, versucht aufzuarbeiten, versucht zu begreifen…unterschiedlich erzählt in verschiedenen Handlungssträngen, die von Beginn bis zum Ende spannend geschrieben sind und den Leser in ihren Bann ziehen.

Der Roman ist flüssig, leicht lesbar und hochemotional geschrieben und in meinen Augen hervorragend recherchiert über ein Thema, was in Deutschland nach dem Krieg lange Zeit totgeschwiegen, heruntergespielt und nur am Rande in den Medien erwähnt wurde, die Rolle der ehemaligen Nazis, die kurz nach dem Krieg wieder bedeutende Posten bekleideten und für ihre Vergangenheit nicht in dem Maße zur Rechenschaft gezogen wurden, wie es in meinen Augen notwendig und rechtsstaatlich gewesen wäre. Die Charaktere sind allesamt sehr authentisch beschrieben und man kann sich gut in sie hineinversetzen.

Es ist in meinen Augen ein außergewöhnlicher Roman unserer Nachkriegsgeschichte, der nicht nur zum Nachdenken anregt, sondern auch Fragen aufwirft, warum uns jahrelang verschwiegen wurde, dass ehemalige Nazi hohe politische Ämter bekleideten, im Bundestag saßen… und warum hauptsächlich kleine Mitläufer verurteilt wurden, während  man die „Drahtzieher“ laufen ließ…

Ein klare Leseempfehlung von mir für diesen Roman.