Rezension

Don’t judge a book by it’s cover!

Das Licht der letzten Tage - Emily St. John Mandel

Das Licht der letzten Tage
von Emily St. John Mandel

Wie die Überschrift meiner Rezension schon verrät, habe ich mich bei diesem Buch extrem vom Cover beeinflussen lassen. Es ist mir in der Verlagsvorschau durch seine stimmige Farbgebung und dem Buchtitel im Zentrum des Bildes sofort ins Auge gestochen. Der Titel „Das Licht der letzten Tage“ hat mich in Verbindung mit dem Covermotiv, das einen Sternenhimmel und die Silhouette einer Stadt abbildet, extrem neugierig gemacht. Mit der Covergestaltung ist dem Piper Verlag hier wirklich ein Glanzstück gelungen, vor allem wenn man es mit dem Originalcover vergleicht, das mich überhaupt nicht anspricht. Gleiches gilt übrigens auch für den Originaltitel „Station Eleven“, der meines Erachtens keine Aussagekraft besitzt, solange man den Inhalt des Romans nicht kennt. Aber später mehr dazu.

Zurück zur deutschen Ausgabe: Der Klappentext verrät nicht allzu viel vom Inhalt des Romans, aber doch so viel, um die Neugier potentiellen Leser zu wecken, so das für mich klar war: Dieses Buch muss ich lesen.

In „Das Licht der letzten Tage“ erzählt die Autorin eine postapokalyptische Geschichte – eigentlich ist das so gar nicht mein Genre, nur habe ich das aufgrund des kryptischen Klappentextes nicht vorher gewusst. Emily St. John Mandel gelingt es trotzdem, mich an ihre Story zu fesseln, da es ihr durch die Schilderung eines realistischen Ausgangsszenarios (und damit meine ich keine Zombie- oder Alieninvasion) gelingt, sich auch als Dystopie-Skeptiker leicht auf die Geschichte einzulassen.

Geschildert wird die Geschichte in sich abwechselnden Vor- und Rückblenden bei denen jeweils ein anderer Charakter im Mittelpunkt steht. So dreht sich in der Zeit vor dem Tag X, der Tag an dem die Welt zusammenbrach, alles um den Schauspieler Arthur und dessen Leben. Der Zeitraum um den Tag X wird überwiegend von Jeevan, ein Mittzwanziger ehemaliger Papparazzo, der jetzt Rettungssanitäter ist, bestimmt und die Jahre nach dem Zusammenbruch von Kirsten, die ein achtjähriges Mädchen war als die uns allen bekannte Welt in sich zusammenfiel. Diese drei Protagonisten stehen zum Zeitpunkt des Tages X in einer lockeren Verbindung zueinander, da sie alle drei anwesend sind als ein Theaterstück aufgeführt wird, bei dem dessen Hauptfigur (Arthur) auf der Bühne zusammenbricht und einem Herzinfarkt erliegt. Während Kirsten zum Schauspielensemble gehört und den Zusammenbruch als junges Mädchen mit ansehen muss, versucht Jeevan, der im Publikum sitzt, Arthur wiederzubeleben.

Die vielen Vor- und Rückblenden und damit verbundene Protagonistenwechsel erfordern ein sehr aufmerksames Lesen, weshalb ich trotz eines kontinuierlich vorhandenen Spannungsbogen relativ lange gebraucht habe dieses Buch zu lesen. Der Lesefluss könnte definitiv besser sein. Auch waren mir die Protagonisten insgesamt nicht charakterstark genug, d.h. zu oberflächlich beschrieben, weshalb ich mich in keinen von ihnen hineinversetzen konnte. Auch mangelte es mir an manchen Stellen an Emotionalität. Gerade wenn es um den Tod von geliebten Menschen geht, wird sehr nüchtern erzählt, so dass ich als Leser gar nicht in Versuchung kam mitzuleiden.

Außerdem spielt in der Geschichte ein von einer Nebenrolle gezeichneter Comic eine zentrale Rolle, mit dem ich mich ebenfalls schwer getan habe. Zum einen weil ich allgemein keinen Bezug zu und kein Interesse für Fantasy-Comics habe, zum anderen, weil sich mir bis zuletzt nicht die Zusammenhänge mit der eigentlichen Story aufgeklärt haben.

Sehr gut haben mir hingegen die Zusammenhänge zu realen Ereignissen und unserer aktuellen Lebenswirklichkeit gefallen. Gerade die Zeit um den Zusammenbruch habe ich als überaus spannend empfunden und auch die Rückblenden 20 Jahre danach, wenn Vergleiche angestellt wurden, was es „damals“ gab (Strom, Autos, Flugzeuge) und jetzt nicht mehr gibt.

Auch sprachlich konnte mich Emily St. Mandel absolut überzeugen: Mit anspruchsvollen und ansprechenden Sätzen, die weder zu blumig sind noch zu einfach, beweist sie ein großes Erzähltalent. Einzig die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Episoden und Zeiten hätten meines Erachtens stärker herausgearbeitet werden können. Oftmals erwartete ich noch einen Clou, eine Auflösung warum die Autorin diese oder jene Szene beschrieben hat, aber eben jene Auflösung fehlte dann.

Das Ende empfand ich leider als enttäuschend, weil es mich absolut unbefriedigt zurückgelassen hat. Zu viele Fragen bleiben offen und es gibt keinen Hinweis darauf wie die Zukunft der Protagonisten verlaufen könnte.

Mein Fazit: In „Das Licht der letzten Tage“ erzählt die Autorin ein Weltuntergangsszenario, das sich durch eine große Portion Realismus von den üblichen postapokalyptischen Zombieszenarien unterscheidet. Letztlich fehlten mir für das große Lesevergnügen die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Episoden sowie charakterstarke Protagonisten, die mich mehr in den Bann der Geschichte ziehen.