Rezension

Du wirst deine Wände mit anderen Augen sehen!

Irre Seelen - Graham Masterton

Irre Seelen
von Graham Masterton

Bewertet mit 4 Sternen

~~Jack Reed entdeckt durch Zufall ein herrschaftliches Anwesen namens The Oaks, nachdem er einen kleinen Autounfall hatte und auf der Suche nach einem Kind ist, dass er vermeintlich angefahren hat. Das ziemlich verfallene Gemäuer zieht ihn sofort in seinen Bann und er verschafft sich Zugang, erkundet die Stockwerke und sieht schnell vor seinem inneren Auge ein renoviertes, saniertes Anwesen, dass einen Club für reiche und zahlungskräftige Kunden darstellt. Schnell ist er besessen von dieser Idee und plant sein bisheriges Leben über den Haufen zu schmeißen und das alte Anwesen zu kaufen.
 Seine angeschlagene Ehe verkraftet diesen Schlag nur schwer und Jack sieht sich kurzerhand mit seinem Sohn alleine vor der kommenden Aufgabe stehen.
 Nachdem Randy seinem Vater erzählt hat, dass er bei der gemeinsamen Besichtigung von The Oaks einen neuen Freund gefunden hat fährt dieser noch nachts sofort mit seinem Sohn und seiner für ihn ansprechenden Sekretärin dorthin um den vermeintlich pädophilen Herumstreicher zu stellen.
 Doch die Mauern von The Oaks bergen andere Gefahren, denn in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts diente das Gebäude als Irrenanstalt für besonders gefährliche Fälle. Eines Nachts sind alle 137 Patienten spurlos verschwunden und niemand konnte sich ihren Verbleib erklären. Jack, Karen und Randy müssen jedoch herausfinden, dass die psychisch kranken Bewohner The Oaks immer noch dort sind. Sie entführen Randy und zwingen Jack dadurch zur Kooperation. Sie wollen das Haus endlich verlassen und ihre kranken Vorstellungen und Wünsche in die Welt tragen. Und Jack würde alles tun um seinen Sohn zurück zu bekommen.

Graham Masterton hat mit “Irre Seelen” einen Gruselsplatterkracher erschaffen, der lesenswert ist. Ähnlich wie der Protagonist Jack wird man in die Geschichte hineingeworfen und erfährt nach und nach von den Hintergründen des gruseligen Anwesens. Die Geschichte stockt hierbei nie, sondern stürzt sich von einer gruseligen Szene in da nächste Blutfest. Wer also auf der Suche nach einem gruseligen Schocker ist, dem kann mit diesem Buch bestimmt geholfen werden.

Leider war mit Jack sehr unsympathisch. Ich bin selbst Elternteil und kann seine Handlungen einfach nicht immer nachvollziehen. Ja, auch ich würde die Welt für mein Kind opfern, aber ich wäre nicht ansatzweise so verantwortungslos und dumm gewesen und hätte mein Kind in eine solche Situation kommen lassen. Und auch nachdem das Malheure der Entführung passiert ist handelt Jack nicht so, wie es ein liebender Elternteil tun würde. Das hat mich doch immer wieder aufgeregt, weshalb es auch zum Punktabzug kam.

Masterton hat mit der Szenerie einer verfallenen Irrenanstalt und dort festsitzenden Patienten eine sehr gruselige Atmosphäre geschaffen. Man sieht seine Wände mit neuen Augen, zumal die dargestellte Problematik als Opfer kaum zu vermeiden ist. Wohin soll man fliehen, wenn die Irren buchstäblich überall lauern können?

Natürlich werden nicht alle 137 Patienten ausführlich beschrieben, doch Masterton hat einige sehr grausame Hintergründe geschaffen. Man möchte selbst in einem normalen Leben ohne übersinnliche Elemente keinem dieser Menschen begegnen, zu den dargestellten Voraussetzungen schon gar nicht. Unerbittlich morden sie sich voran und dies sehr blutig, eklig und gewiss nicht magenschonend.
 Trotzdem stagniert der Grusel ab der Hälfte ein wenig, da der Autor starke Überwesen geschaffen hat und nachdem man sie ausreichend kennengelernte ebenso hilflos wie Reed vor der scheinbar unlösbaren Aufgabe steht Randy zu befreien und gleichzeitig die Welt vor diesen Ungeheuern zu bewahren. Hier hätte ich mir doch etwas mehr Tiefe und Charakterausbau gerade der aktiv handelnden Patienten gewünscht. Zudem wäre ein tieferer Einblick in den Alltag einer Irrenanstalt in den 20er Jahren des 20ten Jahrhunderts sehr interessant gewesen, da psychisch kranke Menschen zu dieser Zeit unmenschlich und grausam behandelt wurden.

Trotzdem bringt es Spaß “Irre Seelen” zu lesen. Der Text fließt gut, die Geschichte ist interessant, krank und rasant und bringt dem Leser definitiv ein gruseliges Lesegefühl. Ich bin schon gespannt auf weitere Geschichten aus der Hand Mastertons.