Rezension

dümmliche Kulissenschieberei statt witziger Handlung

Vom Himmel in die Traufe - Arto Paasilinna

Vom Himmel in die Traufe
von Arto Paasilinna

Bewertet mit 0.5 Sternen

Die Story geht so: Arbeitsloser "fliegender Holzfäller" namens Hermanni Heiskari rettet reiche Ballonfahrerin und Unternehmerin Lena Lundmark nach einem Absturz. Sie verspricht ihm, ein Jahr lang alle Kosten der alltäglichen Lebensführung zu übernehmen, und verliebt sich in den Naturburschen. Als Schoßhund und Butler fungiert Lenas Onkel Ragnar, mit dem Hermanni nun auf eine zwölfmonatige Sause durch Finnland und die Welt geht. Zum Zeitvertreib - und weil Hermanni seit Jahren eh nichts anderes macht - planen sie den Aufstand der Arbeitslosen. Am Ende heiraten Hermanni und Lena, Ragnar bricht sich ein Bein und die Aufstandspläne stürzen aus dem Hochzeitsballon.

Der Klappentext (der auch Lundmark fälschlich Lundberg nennt) legte noch nahe, dass sich die Geschichte um den Naturburschen dreht, der auf dem Parkett der wohlanständigen Gesellschaft für herzhafte Peinlichkeiten sorgt. Es hätte also eine hübsche Eulenspiegelei werden können. Stattdessen entblödet sich der Autor nicht, seinen Holzfäller mit ausgefeilten, vollkommen idiotischen und nur den eingefleischten Pegida-Mitläufer in fromme Wallung versetzenden Aufstandsplänen auszustatten, nämlich einer Revolte der Arbeitslosen gegen das finnische und internationale Schweinesystem, damit sie endlich zu ihrem Recht kämen. Ragnar, dessen falscher Obristenrang am Ende gar keine humoristische Auflösung mehr erfährt, und Lena, die als gestandene Businessfrau viel zu hausmütterlich und passiv rüberkommt, reden Hermanni den Schwachsinn aber nicht aus. Im Gegenteil: Sie planen mit.

Abgesehen von diesem umstürzlerischen Zeitvertreib tun die Protagonisten Paasilinnas das, was Paasilinna seine Protagonisten immer tun lässt: Sie reisen. Warum? Weil nur die Fortbewegung von einem Ort zum anderen dem Buch den Anschein von Bewegung geben kann. Die Handlung ist nämlich stets eher kümmerlich. Mit dem ständigen Wechsel des Ausblicks durch unmotivierte, aber fortwährende Kulissenschieberei simuliert Paasilinna wenigstens eine Handlung. In „Vom Himmel in die Traufe“ begleiten wir Hermanni und Ragnar zunächst in jeden unaussprechlichen Ort Lapplands (die die Sprache kann man den Autoren nicht verantwortlich machen; umgekehrt mögen deutsche Ortsnamen dem Landesfremden genauso verwirrend vorkommen), wo gesoffen wird, was die Holzfällerleber aushält. Dann geht es in die weite Welt: Schweden, Irland (ein anderes Säufer-Dorado, wie es scheint), Tahiti und Portugal.

Die ganze Zeit hofft man auf witzige, entlarvende Begegnungen des natürlichen Menschen, der sich die unschuldige Einfalt bewahrt hat, mit der Zivilisation und ihren falschen Masken. Das passiert aber nicht: Es bleibt beim Wechsel der Kulissen wie im Reiseführer und dem geplanten Aufstand. Allen handelnden Personen ist zudem eine die Wirklichkeit verzerrende, unterkomplexe Naivität zueigen, die womöglich eine Grundhaltung des Autors darstellt. Auch die dialektische Diskrepanz zwischen dem intensiven Kriegsspiel und dem Lotterleben in Lundmarks Schlaraffenland wird nicht aufgegriffen, genutzt oder vorgeführt; wahrscheinlich von Paasilinna nicht einmal bemerkt, und das ist das Schlimmste!

Mir ist vollkommen schleierhaft, wie Paasilinna zu seinem Erfolg gekommen ist. Die immer wieder auftretenden, wirklich originellen und lustigen Details können den Mangel an Handlung, Literarität und Witz (!) nicht aufwiegen. Drei Romane von Paasilinna habe ich gelesen, dabei bleibt es.