Rezension

Düster, emotional, fesselnd

Das Juwel - Die Gabe - Amy Ewing

Das Juwel - Die Gabe
von Amy Ewing

Das Juwel hat mich als Überraschungspost von FJB erreicht und zwischen einer Handvoll anderen Rezensionsexemplaren stach es zunächst durch sein Cover hervor. Dieses satte, leuchtende Violett, das perfekt zu Hauptfigur Violet passt; das Kleid; die Glitzerapplikationen. Kitschig, ja, aber schön. Es erinnert mich - zunächst auch thematisch - an die Selection-Reihe von Kiera Cass: arme Mädchen in reichen Adelshäusern, die wie Püppchen in oppulente Kleider gesteckt werden. Aber Das Juwel ist anders als Selection. Es ist ernster, die Gefahr für die Protagonistinnen größer, das Leben in den Adelshäusern tödlicher. 
Violet ist sechzehn und ein Surrogat. Als solches hat sie übernatürliche Fähigkeiten: sie kann Farbe, Form und Wachstum von Dingen beeinflussen. Diese drei Talente sind bei jedem Surrogat unterschiedlich stark ausgebildet. Violet lebt im ärmsten und äußersten Bezirk der Einzigen Stadt, deren Zentrum das Juwel bildet. Im Juwel lebt die Fürstin, die zwei Herzoginnen und die zwei Gräfinnen. Die reichsten der Reichen eben. Als Surrogat hat Violet nur eine Aufgabe: sie soll der Person, die sie ersteigert hat, ein Kind gebähren. Die Surrogate, Mädchen aus dem Sumpf wie Violet, werden dazu herangezogen und ausgebildet, denn die adligen Frauen können selbst keine Kinder bekommen. Surrogate sollen die Fortbestand des Adels garantieren. 

In dieser Welt sind Menschen wie Violet viel mehr als nur Sklaven. Nach ihrer harten Ausbildung dienen sie ihrer Besitzerin bis zu dem Tag, an dem sie das Kind zur Welt bringen. Wenn sie so lange überleben. Was danach mit den Surrogaten geschieht? Violet weiß es nicht. Sie hasst ihr Schicksal, sie fürchtet sich vor der Schwangerschaft und dem, was danach geschieht. Anders als andere Surrogate kann sie sich nicht fügen, sondern schmiedet Fluchtpläne. Ihre Herrin, die Herzogin vom See, ist eine vielschichtige Persönlichkeit, die schwer einzuschätzen ist. Sie ist grausam und großzügig zugleich und dazu eine gute Schauspielerin. Ich wusste bei ihr nie, ob ich ihr glauben soll, oder ob sie bloß schauspielert, um ihren Willen durchzusetzen. Sie ist eine Figur, die mir eine Gänsehaut einjagt. Kein Wunder, das Violet fliehen will, statt den Plan der Herzogin umzusetzen. Aber wie könnte sie einfach so abhauen, wo doch das Leben ihrer besten Freundin auf dem Spiel steht?

Das Juwel hat mich umgehauen und mir eine durchlesene Nacht beschert. Es ist eines dieser Bücher, bei denen ich nicht aufhören wollte zu lesen. Violets Ängste und Sorgen, ihre Treue gegenüber ihrer besten Freundin, die grausame Herzogin vom See, die noch viel grausamere Fürstin, die Intrigen am Hof, die Fähigkeiten der Surrogate. Der leichte Fantasy-Touch sorgt für das gewisse Etwas der Geschichte. Schade nur, dass es ein Mehrbänder wird und wir vermutlich wieder eine ganze Weile auf die Fortsetzung werden warten müssen.