Rezension

Düster, traurig und ein Hauch verrückt

Bienensterben - Lisa O'Donnell

Bienensterben
von Lisa O'Donnell

Ein düsteres Buch mit spannendem, aber traurigem Klappentext. Und genau dieses Schema zieht sich auch durch den ganzen Roman: düster und traurig, obwohl es durchaus auch witzige Passagen gibt. Die Geschichte regt zum Nachdenken und jeder Leser ist sich am Schluss zumindest in einem sicher: Das Leben bzw. die Kindheit von Marnie und Nelly ist alles andere als begehrenswert.

Die Kapitel sind äusserst kurz, manchmal nur eine einzige Seite, und werden abwechselnd aus der Sicht von Marnie, Nelly oder Lennie beschrieben. Dies ist zum einen interessant, um einen neuen Blick auf die gleiche Situation von allen Beteiligten zu bekommen, da die Persönlichkeiten alle eine sehr eigene und kuriose Hintergrundgeschichte besitzen. Auf lange Zeit wird dieser Sichtwechsel jedoch anstrengend. Die Kapitel scheinen mir zu kurz, und jede Situation aus 3 verschiedenen Sichten wird dann doch zu repetitive. Was mich anfangs noch sehr interessierte, langweilte mich irgendwann und hinderte mich leider auch daran, richtig in die Geschichte abzutauchen, da ich ja immer zwischen 3 Persönlichkeiten hin und her wechselte. Ausserdem waren mir diese Personen nicht alle sympathisch und identifizieren konnte ich mich (glücklicherweise in diesem Falle) auch nicht wirklich.

Marnies Schreibstil sticht sofort ins Auge beziehungsweise differenziert sich sehr stark von den anderen. Sehr direkt, ungehobelt, mit Fluchwörtern und absolut modern und jugendlich (oder wer sagt heute noch "die hat sich zum Obst gemacht?"). Nelly, ihre Schwester, hingegen ist das absolute Gegenteil, benutzt teilweise sogar eher alte Ausdrücke, die wohl nicht mal ihre Eltern benutzt haben dürften. Und genau dies störte mich durch das ganze Buch. Dass die eine Schwester brüsker ist, ungehobelter und aggressiver, im Gegensatz zur anderen Schwester, die lieb, leise, artig und gebildet ist... das ist ja schön und gut. Nur waren die Eltern von Marnie und Nelly zwei drogensüchtige Nichtsnutze, was mehrmals betont wurde. Woher konnte also Nelly diese gehobelte Art auflesen? Wie hat sie diese perfekte Manier von einem violinspielendem blonden Engel gelernt? So ganz ohne Familie und Freunde und auf der gleichen Schule wie Marnie? Fand ich zu überspitzt und deswegen kaum authentisch.

Weiter Figuren, die im Verlauf der Geschichte auftauchen, waren mir auch selten sympathisch, aber zumindest nachvollziehbar. Mit dem ein oder anderen konnte ich mitfühlen oder seine Reaktionen begreifen. Andere waren mir ehrlich zuwider. Allerdings sind die Kreise, in denen die Schwester (zwangsläufig) verkehren, auch nicht mein bevorzugter Kontext. Die schreckliche Spirale von Unheil, in dessen Sog sich Marnie als Gelegenheits-Dealerin versucht, um etwas Brot nach Hause zu bringen und Nelly zu beschützen, geht ihre Jugend komplett den Bach herunter. Am interessantesten fand ich dabei ihre besten Freundinnen, obwohl von einigen Klischees überschattet: eine "Schläger-Lesbe" und ein Ghetto-Prinzesschen. Aber nun gut. Vielleicht mochte ich den Hund von Lennie doch am liebsten.
Was mir besonders gefallen hat, war das Cover. Mir fiel es sofort ins Auge und auch heute noch finde ich die einfache, aber doch aussagekräftige Umsetzung sehr gelungen. Es zeigt Lennie und die Schwestern mit einigen ausschlaggebenden Details zu den Personen, schlicht und schön, was im krassen Gegensatz zur Geschichte und ihrem Leben steht. Doch schlussendlich und ohne spoilern zu wollen, werden sie Besserung finden. Ein Schritt in die richtige Richtung. Kein Happy End im klassischen Sinne, aber doch irgendwie gut, was man ihnen wirklich von Herzen wünscht. Auch wenn ich mit dem Roman nicht ganz warm geworden bin, bot er mir eine reichhaltige Abwechslung, die ich sehr empfehlen kann.
 

3 / 5 Sterne