Rezension

Durchgehende Spannung und überraschende Wendungen überzeugen auf ganzer Linie

Ihr einziges Kind - Barbara Wendelken

Ihr einziges Kind
von Barbara Wendelken

Bewertet mit 5 Sternen

In der Familie Cassjen scheint mit der Geburt des kleinen Caspar Cornelius endlich das Glück eingezogen zu sein. Denn Vater Cord freut sich über einen gesunden Stammhalter und auch Margit Cassjen, die Besitzerin einer erfolgreichen Spirituosenfabrik, sieht in ihrem Enkel den künftigen Erben für ihr Lebenswerk. Für Silvana, die Mutter des Babys, sieht die Welt allerdings momentan nicht so rosig aus. Denn sie leidet an einer Wochenbettpsychose und scheint mit sich und den neuen Lebensumständen nicht zurechtzukommen. Überall wittert sie Gefahr für den kleinen Caspar. Niemand scheint ihre Sorgen zu teilen und deshalb wird Silvana mit Medikamenten ruhiggestellt. Doch plötzlich überschlagen sich die Ereignisse, denn Cord wird erschossen und von Silvana und Caspar fehlt jede Spur. Nola von Heerden und Renke Nordmann nehmen die Ermittlungen auf. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, denn niemand weiß, ob Silvana in der Lage ist, den kleinen Caspar zu versorgen. Ist sie selbst die Täterin oder gibt es den großen Unbekannten, vor dem sie bereits die ganze Zeit Angst hatte, etwa doch?
Nach "Das Dorf der Lügen" und "Die stille Braut" ist dies der dritte Fall, der Nola van Heerden von der Kripo Leer nach Martinsfehn führt. Da die Bände in sich abgeschlossen sind, können sie unabhänigig voneinander gelesen werden. Vorkenntnisse aus den ersten beiden Bände sind also nicht zwingend notwendig. Um allerdings die Entwicklung der Charaktere besser verfolgen zu können, empfiehlt sich dennoch, wie bei jeder anderen Bücherserie auch, die Einhaltung der Reihenfolge.

Der aktuelle Fall startet mit einem Prolog, den man zunächst noch nicht richtig mit der folgenden Handlung in Verbindung bringen kann. Doch Barbara Wendelken liefert damit erste Hinweise auf die Hintergründe des Kriminalfalls. Die Ereignisse regen also bereits zum Nachdenken und Ermitteln an. Das Interesse an dem Fall wird dadurch früh geweckt und steigert sich im Verlauf der Handlung kontinuierlich. Denn die Autorin versteht es mal wieder hervorragend, ihre Spuren so auszulegen, dass man ihnen nur allzu bereitwillig folgt. Allerdings stellt man durch überraschende Wendungen oft fest, dass nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint und dass man die eigenen Ermittlungen deshalb noch einmal neu überdenken muss. Selbst kurz vor Schluss ist man noch unsicher und weiß nicht genau, was man eigentlich glauben und wem man vertrauen soll. Dadurch bleibt die Spannung bis zum Ende hin erhalten. Die Auflösung überzeugt, da alles schlüssig aufgeklärt wird und keine losen Handlungsfäden übrig bleiben.

Auch in diesem Band überzeugen nicht nur die Spannung und die vielen ausgelegten Fährten, sondern auch die lebendigen Charaktere. Denn auch dieses Mal wirken die Protagonisten so authentisch, dass man mit ihnen mitfiebern und ihre Handlungen nachvollziehen kann. Sie haben nicht nur Stärken, sondern auch Fehler und Schwächen, die sie menschlich wirken lassen. Bei den Charakteren ist für jeden etwas dabei, denn man entwickelt nicht nur  Sympathien, sondern auch spontane Abneigungen. Da bis zur Auflösung alles offen bleibt, kann es sein, dass man bei der eigenen Einschätzung der Protagonisten noch manche Überraschung erleben wird. Im Privatleben von Nola und Renke geht es in diesem Band ebenfalls weiter. Dieser Handlungsstrang ist allerdings eher schmückendes Beiwerk und drängt sich nicht zu sehr in den Vordergrund. Das Hauptaugenmerk liegt auf den spannenden Ermittlungen.

Ich habe mich beim Lesen des dritten Martinsfehn-Krimis wieder äußerst spannend unterhalten gefühlt, denn ich war vom ersten Moment an von der Handlung gefesselt und konnte mich kaum davon lösen. Die unterschiedlichen Handlungsstränge haben mich immer wieder zum Ermitteln und Mitfiebern angeregt. Doch nichts war dann so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Dadurch wirkte der Krimi auf mich keinen Moment vorhersehbar oder gar langweilig. Im Gegenteil, denn zum Ende hin war ich richtig im Sog der Ereignisse, sodass ich nicht eher aufhören konnte, bis ich alle Zusammenhänge kannte. Deshalb vergebe ich eine begeisterte Leseempfehlung und natürlich alle fünf Bewertungssterne!