Rezension

Durchschnittliche Dystopie

Artikel 5 - Kristen Simmons

Artikel 5
von Kristen Simmons

Inhalt:

Die 17-jährige Protagonistin Ember führt zusammen mit ihrer Mutter ein bislang völlig normales und vor allem unauffälliges Leben in den Vereinigten Staaten nach dem Krieg. Doch eben dieser Krieg hat Vieles verändert, denn so wurden die so genannten Moralstatuten ins Leben gerufen, die den Alltag eines jeden Bürgers bis ins allerletzte Detail regulieren sollen. Nun aber werden diese Statuten für das Mädchen und seine Mutter zum Problem, da Ember ein unehelich gezeugtes Kind ist und somit ein Verstoß gegen Artikel 5 vorliegt. Für dieses vermeintliche Verbrechen werden die beiden von Soldaten gefangen genommen und getrennt, da sich Ember bald in einer „Resozialisierungsanstalt“ wieder findet. Ihre Gedanken werden nur noch von dem Willen beherrscht, ihre Mutter zu finden und sie zu retten, sodass eine unvorhersehbare und gefährliche Flucht beginnt.  Die Begegnung mit ihrem Freund Chase macht es da auch nicht einfacher, denn so ist er längst nicht mehr, was er einmal war. Er ist Soldat...

Meine Meinung:

Da ich sehr gerne und auch sehr viele verschiedene Dystopien lese, war ich gespannt, inwiefern „Artikel 5“ möglicherweise mit neuen Ideen auftrumpfen könnte und vor allem, ob es diesem Buch gelingt, sich von der breiten Masse des derzeit so beliebten Genres abzuheben. Ich wurde zwar weitestgehend nicht enttäuscht, doch muss ich ganz ehrlich sagen, vom Hocker gehauen hat es mich auch nicht.

Zunächst einmal sollte man den Schreibstil der Autorin als durchaus positiv anmerken, denn Geschichte liest sich problemlos weg wie nichts, da auch die Spannung kontinuierlich gehalten wird und durch überraschende Wendungen gesteigert wird. Außerdem ist mir besonders aufgefallen, wie authentisch und überzeugend Embers Gefühlswelt und insbesondere ihre Zerrissenheit gegenüber Chase dargestellt wurden, sodass man ganz wunderbar mit ihr mitfühlen kann.

Allerdings hatte ich zunehmend Probleme mit der Logik der Handlung. Denn so war es für mich nur schwer nachvollziehbar, wie es in Zeiten der Demokratie, des Friedens und der Freiheit gerade in demjenigen Staat, nämlich den USA, die nun einmal Sinnbild unserer westlichen, aufgeklärten Gesellschaft sind, zu einem Krieg und des weiteren zu derart unsinnigen Statuten kommen kann. Eine Gesellschaft, in der Menschenrechte nichts mehr wert sind, in der einem Statuten eine einheitliche Religion oder das Einhalten der geschlechtsspezifischen Klischees vorschreiben, erscheint mir als ein zu großer und nahezu unmöglicher Rückschritt, als dass ich diesen so ohne Weiteres hinnehmen könnte. Die Autorin legt an dieser Stelle auch nicht weiter dar, wie diese Situation zustande kam, in welcher Zeit wir uns befinden oder gibt sonstige Hintergrundinformationen zum besseren Verständnis.

Von daher erschien mir das Thema in dieser Hinsicht nur sehr oberflächlich behandelt und in seinem Potential nicht ganz ausgeschöpft, sodass einem vor allem zu Beginn das Lesevergnügen durch Ärger über diese  scheinbar unerklärlichen Zustände getrübt wird.

Alles in allem ist es aber doch eine runde Sache, sobald man die Ausgangsbedingungen erst einmal akzeptiert hat. Doch den zweiten Teil (von dem ich gehört habe, dass es ihn geben soll) werde ich voraussichtlich nicht lesen, denn dafür bin ich mit dem Ende zu zufrieden und glaube, dass „Artikel 5“ lieber für sich allein stehen sollte. Außerdem wäre das doch auch mal etwas Neues: Eine Dystopie, die KEINE Trilogie ist...

Fazit:

Man kann über dieses Buch sagen, was man will, es ist auf jeden Fall eindrucksvoll und sehr emotional geschrieben, bietet eine verzwickte Liebesgeschichte, der ganz anderen Art und lässt an Spannung ebenfalls nichts zu wünschen übrig. Doch trotz vieler positiver Aspekte scheint das Konzept oberflächlich, geht leider nicht in die Tiefe und enttäuscht durch zu wenige Hintergrundinformationen über diese völlig absurde Lebenssituation.