Rezension

Durchtriebenheit in Perfektion

#EGOLAND - Michael Nast

#EGOLAND
von Michael Nast

Bewertet mit 3 Sternen

Das Buch „#Egoland „ von Michael Nast ist die Erzählung des Schriftstellers Andreas Landwehr, der sich das Leben nimmt, nachdem er das Leben Anderer mit seinen intriganten Spielen zerstört hat.

Die Ausgangssituation des Buches ist Andreas Selbstmord. Der Autor erzählt von seinem Verhältnis zu Andreas, eine Freundschaft die im Laufe der Zeit auseinanderläuft, eine Situation, die wohl jedem bekannt ist. Die fesselnde Einleitung weckt hohe Erwartungen an das Buch.

Der Sprachstil sagt mir sehr zu, Nasts Beobachtungsgabe ist einzigartig. Man bleibt hängen an Sätzen wie: „Es war das vermeintliche, das künstliche Glück der Angepassten, die sich nach den Regeln richteten, welche die Gesellschaft vorgab.“ Beim Lesen findet man sich leider viel zu oft in den Beschreibungen wieder, eine oberflächliche Welt vollgestopft mit Lügen und ohne echte tiefer gehende Momente. Das Buch beschreibt das hohle Blabla, das wir aus zahlreichen Alltagssituationen kennen.

Mit der Einführung des Buches lernt man die Charaktere kennen und Stück für Stück eröffnet sich deren Verbindung zu Andreas. Die Einschübe des Autors holen den Leser in die Wirklichkeit zurück, alles ist gut strukturiert und durchdacht. Die Identifikation mit den Personen und ihrem Leben ist sehr hoch, treffender kann man den Alltag der heutigen Zeit nicht beschreiben. Nast beschreibt eine kritische, zynische aber auch ehrliche Sicht auf die heutige Art von modernen Freundschaften und Beziehungen. Es wird dem Leser mit diesem Buch ein Spiegel vorgehalten, aber nicht auf eine belehrende oder verurteilende Art. Man gerät ganz von selbst ins Grübeln und zieht Parallelen zu seinem eigenen Leben.

Man kann bereits am Anfang leicht erahnen welches erhebliche Ausmaß die Begegnungen zwischen Leonie, Christoph, Julia und Andreas haben, ohne dass man etwas Konkretes erfährt. Nach der hundersten Seite wurde mir die Beschreibung unserer oberflächlichen Gesellschaft etwas zu viel. Mit Sicherheit sind im Laufe der Zeit einige Werte in unserer Gesellschaft verloren gegangen, aber so funktioniert die Gesellschaft nun mal, den moralischen Zeigefinger hätte man an einigen Stellen wieder senken können. Sich über die anderen Leute zu stellen ist schließlich selbst eine sehr oberflächliche Haltung.

Seite für Seite taucht man ein in den perfiden Plan, den Andreas sich ausdenkt, in dem er als Strippenzieher agiert und alle anderen Personen manipuliert. Andreas perverse Durchtriebenheit schockiert und fasziniert gleichzeitig, man empfindet unweigerlich Bewunderung, obwohl man das gar nicht möchte. Der Titel ist in diesem Buch Programm. Vor lauter Egoismus zerstört Andreas Welten, Beziehungen und sogar Leben, ohne einen Anflug von Skrupel. Als alles anders kommt, als sein Plan es vorsieht, hat man nahezu Angst was nun passieren könnte.

Das Buch ist sehr gut, aber dennoch begegnet man Menschen nach dem Lesen des Buches mit mehr Misstrauen, man ist ängstlicher und vorurteilsbehafteter. So gut das Buch auch geschrieben ist, ist dies ein Gefühl mit dem ich kein Buch aus der Hand legen möchte.