Rezension

Dystopie mit Komik

Das Herz kommt zuletzt - Margaret Atwood

Das Herz kommt zuletzt
von Margaret Atwood

Durch eine Wirtschaftskrise ist die Gesellschaftsstruktur in Amerika zerstört; jeder muss um sein Überleben kämpfen. Auch das Ehepaar Stan und Charmaine hat seine Arbeit verloren, sie können die Raten für ihr Haus nicht mehr zahlen und leben von der Hand in den Mund in ihrem Auto - ständig in Alarmbereitschaft vor marodierenden Banden. Da verheißt ein soziales Experiment Rettung: In einer abgeschiedenen Stadt leben alle Bewohner in Sicherheit, geregelten Verhältnissen und angenehmem Komfort. Die Bedingungen sind ungewöhnlich: Jeweils einen Monat verbringen die Bewohner als Freie in einem eigenen Haus, dann einen Monat als Gefangene im Gefängnis. Stan und Charmaine sind sofort einverstanden, obwohl Stans Bruder sie warnt: Da ist etwas faul im Staate Consilience/Positron...

Wieder zeichnet Atwood eine dystopische Welt, in der sich ganz "normale" Menschen zurechtfinden und leben müssen. Diese Welt ist für mich nicht in allen Teilen überzeugend konstruiert. Aber die schleichenden Veränderungen im Charakter der beiden Hauptfiguren sind meisterhaft beschrieben. Und: Wieder einmal beweist Atwood ihren eigenwilligen Humor. Von Komik bis zu bitterböser Ironie spannt sich der Bogen. Und so wurde ich gleichzeitig gut unterhalten und habe dabei Anstöße zum Nachdenken erhalten - über Freiheit und ihre Grenzen, über zwischenmenschliche Bindungen und über das, was zum Leben unentbehrlich ist.