Rezension

Ehrliches und humorvolles Porträt einer Generation.

Serienunikat
von Chantal-Fleur Sandjon

Bewertet mit 4.5 Sternen

"Wir rasen unserem eigenen Atem hinterher, dem Horizont entgegen und wünschen uns Flügel. Würden wir abheben, so wäre es nicht verwunderlich, Wir sind grün und digital, hoffungsvoll und realistisch, Weltverbesserer und Weltenbummler, verliebt und verlebt, vernetzt und ungebunden, haben die Tasche voll unreifer Ideen..."

Was sie vom Leben will und für was sie sich in dieser Welt unendlicher Möglichkeiten entscheiden möchte- Das möchte die 20- Jährige Ann- Sophie herausfinden. Eines weiß sie aber genau: Einem spießigen Abbild des Lebens ihrer Eltern soll ihres auf keinen Fall gleichen.
Und so macht sie sich auf den Weg nach Berlin, 644 km von ihren Eltern, ihrem Freund und ihrem alten Leben entfernt.
Doch so schnell kann man Vergangenheit und Gewohnheiten eben doch nicht ablegen, muss sie feststellen. Zwischen Berliner Hipstern, Alkohol, Drogen und einer "Liste zum Anderssein" ist sie auf die Suche nach sich selbst...

Ich gehöre selbst zu dieser Generation, von der "Serienunikat" handelt. Es war eine wunderbare Abwechslung, dass dieser Roman so ehrlich ist. Er erzählt über diese jungen Menschen wie Ann- Sophie, die unter dem Druck der Erwartungen ihrer Eltern stehen und dabei auch so viele eigene Erwartungen an sich selbst haben. Die voller Träume sind und doch nicht genau wissen, wer sie selbst sind. Die sich nicht entscheiden können, ob sie jetzt nur in den Tag hineinleben oder an Morgen denken.

Schonungslos offen werden hier Probleme und Möglichkeiten dieser Generation gezeigt, und das beispielhaft in einer so tollen Stadt wie Berlin. Dinge wie Alkohol und Drogen werden stark thematisiert. Ich weiß, dass viele damit ein Problem haben könnten. Aber ich habe es als genau richtig empfunden. Weil es so ist. Und weil "Serienunikat" dadurch so ehrlich wird!

Chantal- Fleur Sandjon hat eine ganz besondere Art zu schreiben. Vor dem Schreiben einiger Sachbücher und ihrem ersten Roman "Serienunikat" hat sie sich lange mit Gedichten und Spoken Word beschäftigt. Und das merkt man ihrem Schreibstil an.
Er ist hart und ehrlich, und doch poetisch und wunderschön. Und dabei immer mit einer großen Portion Humor. Ich habe einige Seiten gebraucht um mich an dieses etwas andere Schreiben zu gewöhnen, aber es hat sich gelohnt.

Auch die Charaktere sind alle etwas besonderes, allen voran Ann. Sie habe ich mir ihrer schüchternen und tollpatschigen Art sofort ins Herz geschlossen. Es war schön zu beobachten, wie sie in Berlin immer offener, mutiger und selbstsicherer wird. Am Ende war ich richtig Stolz auf Ann.
Ihre Freunde waren genau wie sie irgendwie verkorkst, aber jeder für sich auch sehr liebenswürdig.
Es fiel mir schwer der Berliner Truppe am Ende Tschüss sagen zu müssen!

Ein tolles und gelungene Debüt. Vor allem für Leser um die Zwanzig eine Leseempfehlung! :)