Rezension

Ein altes Märchen neu geschrieben

Die wilden Schwäne - Wolfgang Hohlbein, Heike Hohlbein

Die wilden Schwäne
von Wolfgang Hohlbein Heike Hohlbein

Bewertet mit 5 Sternen

Als der König zum zweiten Mal heiraten will, beginnt für seine Tochter und seinen elf Söhnen ein wahrer Albtraum. Denn die neue Stiefmutter ist eine böse Hexe. Einzig Elisa ist stark genug, die Wahrheit zu sehen; sie ist der Stiefmutter deshalb ein Dorn im Auge, den es loszuwerden gilt. Elisa wird verbannt, ihre Brüder in Schwände verwandelt. Sie macht sich auf eine verzweifelte Suche nach ihren Brüdern und einer Lösung, wie sie diese von ihrem Fluch erlösen kann. Doch der Preis ist hoch.

Ich danke zunächst dem bloomoon-Verlag, dass er mir im Rahmen der Leserunde eine gebundene Ausgabe des Buches zur Verfügung gestellt hat.

Es war einmal ein altes gleichnamiges Märchen von Hans Christian Andersen und ein Autorenehepaar.

Dieses Märchen beginnt zwar nicht mit einem typischen Märchenanfang, endet aber dafür mit einem und enthält auch sonst alle Elemente eines Märchens, die es so gibt. Im großen und ganzen gleicht es sich mit dem Märchen von Andersen, ein paar Details wurden abgeändert, die Geschichte selbst mehr vertieft und heraus kam ein wunderschönes Buch. Schon nach den ersten Seiten hat mich die Geschichte in ihren Bann gezogen. Und obwohl ich zuvor das ursprüngliche Märchen gelesen hatte, um Vergleiche ziehen können, habe ich mit Elisa gehofft und gelitten.

Die Geschichte ist im auktorialen Erzählstil geschrieben, der Fokus liegt trotzdem auf Elisa, der Heldin des Buches. Der Leser bekommt selten Einblicke in andere Geschehen, wenn Elisa nicht dabei ist. Insgesamt ließ sich das Buch sehr flüssig lesen. Wolfgang und Heike Hohlbein haben dieses Märchen in dem für sie ganz typischen Stil nach- und neu erzählt.

Die Figuren sind sehr gut und eindeutig beschrieben. Die Autoren hielten sich hier an die Vorgaben des ursprünglichen Märchens und auch der Märchenelemente selbst: Es gibt die Guten, die zumeist blond, lieb, zierlich/ schlank, und sehr sanftmütig und voller Schönheit sind bzw. bei den Männern: vom Beschützerinstinkt geleitet. Und es gibt die Bösen, die stets schwarz gekleidet und hässlich mit vielen Runzeln sind. Sie umgibt eine Düsternis, die selbst der Leser spüren kann. Eine richtige Weiterentwicklung der Figuren ist in diesem Sinne nicht spürbar. Elisa wächst zwar über sich hinaus und nimmt alles mögliche in Kauf, um ihre Brüder zu retten, aber sie bleibt trotzdem das liebliche Mädchen, das ein jeder mag.

Dem Autorenehepaar ist es wieder einmal gelungen, die Schauplätze sehr bildlich zu beschreiben. Der Leser kann sich sehr gut in das Märchen hineinversetzen, hat genau vor Augen, was auch Elisa gerade sieht und fühlt und atmet dieselbe Atmosphäre ein. Wie das bei Märchen üblich ist, gibt es auch hier weniger Spannungsspitzen, aber der Spannungsbogen selbst baut sich stetig auf und gelangt am Ende zu seinem höchsten Punkt. Das Ende selbst finde ich insgesamt ein wenig abrupt, aber das tut der Geschichte keinen Abbruch. Die Autoren erhehen sich nicht in langweilige Beschreibungen, wie Elisa sich auf die Suche begibt. Elisa wandert also nicht über Seiten hinweg und wandert auf Seite 100 immer noch. Nein, die Autoren konzentrieren sich stets auf das Wesentliche, ohne aber auf aufschlussreiche Details zu verzichten.

Es gibt in diesem Buch vielleicht die eine oder andere Ungereimtheit, die nicht aufgelöst wird und sich nicht erklären lässt. Aber darüber darf der Leser ruhig hinwegsehen, denn wir wollen ja nicht vergessen, dass es sich hier um ein Märchen handelt. Märchen haben ihre ganz eigene Logik, die nicht immer erklärt und verstanden werden kann. Genau das macht aber auch ein Märchen so märchenhaft.

Wer also Märchen liebt, sollte sich dieses Buch ganz gewiss nicht entgehen lassen. Schöne Märchenstunden sind hier garantiert. Ich vergebe daher 5/5 Sternchen.