Rezension

Ein aufwühlendes Leseerlebnis ...

Still Chronik eines Mörders - Thomas Raab

Still Chronik eines Mörders
von Thomas Raab

Bewertet mit 5 Sternen

Der kleine Karl kommt mit einer besonderen Gabe zur Welt: Er hat ein solch feines Gehör, dass er selbst den Flügelschlag eines Schmetterlings hört. Er hört im wahrsten Sinne das Gras wachsen. Bald schon entwickelt sich diese Gabe zum Fluch. Weder Karl noch seine Eltern finden jemals Ruhe und Stille. Karl empfindet alle Geräusche als großen Schmerz und schreit ununterbrochen. Die Eltern, deren Ehe darüber zu zerbrechen droht, finden eine Art Lösung, die jedoch auch keinen der Beteiligten glücklich macht. Als die Mutter schließlich mehr oder weniger freiwillig vor den Augen des inzwischen zum Teenager herangewachsenen Sohnes den Tod wählt, verändert sich sein Leben für immer.

Mich hat die Geschichte nach anfänglichen Einleseschwierigkeiten total fasziniert. Ich konnte das Buch gar nicht aus der Hand legen. Als Leser bekommt man einen Einblick in das tiefste Innere Karls. Welche Bedeutung der Tod für ihn bekommt - welche Gefühle er in ihm auslöst. Karl hinterlässt eine Spur des Grauens, aber man kann ihn nicht dafür verurteilen. Zuviel schon musste er in seinem jungen Leben durchmachen, dass man vielleicht eher Mitleid mit ihm empfindet, mit Karl, dem superintelligenten Jungen, dem ein normales Leben verwehrt wird. Man freut sich, als er schließlich doch seinen Frieden zu finden scheint unter der Obhut eines Mönchs. Man hofft - obwohl er sich ja eigentlich so schuldig gemacht hat - dass ihn Horst Schubert, der von seinem Ziel besessene Polizist nie finden wird.

Sicherlich findet sich ein Quäntchen von Das Parfüm von Patrick Süskind in diesem Buch. Auch hat es mich ein wenig an Das fünfte Kind von Doris Lessing erinnert. Dennoch ist es die Chronik eines Mörders, die für sich steht, beeindruckt und aufwühlt. Mir hat sie zuweilen Gänsehaut und Herzklopfen beschert und bekommt von mir eine absolute Leseempfehlung und fünf Sterne!