Rezension

Ein beeindruckendes Stimmungsbild!

Niederland - Joseph O'Neill

Niederland
von Joseph O'Neill

Bewertet mit 4.5 Sternen

Joseph O’Neills Debütroman „Niederland“, an dem er fast sieben Jahre lang arbeitete, ist ein 9/11-Roman, wie man ihn nicht erwartet: Keine Abrechnung oder Anklage, sondern ein leises Buch, das von Details, Beobachtungen und Gefühlen lebt.

Hans van den Broek, Niederländer und gefragter Analyst an der New Yorker Wallstreet, wird nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 von seiner Frau Rachel verlassen, die mit ihrem gemeinsamen Sohn nach London zurückkehrt.
Vordergründig trifft sie diese Entscheidung, um ihrem Sohn die Chancen auf eine - halbwegs - ‘normale’ Kindheit zu wahren, doch Hans ist sich dessen bewusst, dass Rachel nicht vor dem Terror flüchtet, sondern in erster Linie vor ihm…
Und so bleibt er alleine zurück, aus dem Loft sicherheitshalber ins Hotel umquartiert und mit der Erkenntnis konfrontiert, als 'Familienmensch' keine Freunde zu haben.
Fortan fliegt er zweiwöchentlich nach London, um seinen Sohn zu besuchen und fragt sich bei jedem Abschied, wie er die nachfolgenden zwei Wochen - bis zum nächsten Treffen - mit Leben füllen soll.

Die Antwort findet er schließlich bei Chuck Ramkissoon.
Chuck ist ein Imigrant aus Trinidad und einer der wenigen, die in den Nachwehen des Terrors noch den amerikanischen Traum zu träumen wagen. Er hat Visionen und die Gabe, zu begeistern, wodurch Hans u.a. seine Liebe zum Cricket wiederentdeckt… einer ganz und gar unamerikanischen Sportart – sollte man zumindest meinen.

Das Buch ist Porträt einer Stadt und eines Gefühls, fein konturiert und im Detail nur für den interessierten Beobachter/Leser zu entdecken; unter dieser Voraussetzung offenbart sich insgesamt aber ein großartiges Stimmungsbild, das seinesgleichen sucht.