Rezension

Ein Blick hinter die Kulissen der Familie Bennet

Im Hause Longbourn - Jo Baker

Im Hause Longbourn
von Jo Baker

Bewertet mit 5 Sternen

 

Jo Baker gestattet uns in ihrem Roman "Im Hause Longbourn" einen Blick hinter die Kulissen der Familie Bennet, die uns aus "Stolz und Vorurteil" wohlbekannt sein sollten. Leider muss ich gestehen, dass ich nun eine andere Sichtweise über die Familie bekam, die mir eigentlich in guter Erinnerung war. Ein Leben in Reichtum unterscheidet sich sehr von einem Leben als Dienstmädchen und lässt daher die Damen Bennet leider als doch recht oberflächlich erscheinen. Im Hintergrund wird geknechtet und geschuftet, damit die Familie ihren Tag mit sticken und Langeweile verbringen kann. Klingt hart und ist wahrscheinlich einfach gegeben, dass sich die reichen ausruhen und andere dabei unbewusst ausbeuten. Wenn ich an die wunden Hände des Dienstmädchens Sarah denke, wird mir doch flau im Magen. Manchmal ist es gut in eine andere Zeit geboren zu sein, in der es Waschmaschinen und andere technischen Fortschritte zu verzeichnen gibt. Das Leben früher war schon um einiges härter und mich erfüllt Dankbarkeit darüber, dass ich mir meine Hände nicht blutig schrubben und putzen muss. Ein Zitat aus dem Buch, zeigt ganz klar die Unterschiede zwischen Sarah und Elizabeth Bennet.

 

 

"Wie war es wohl, so zu leben?, fragte sich Sarah. Elizabeth Dasein glich einem Kontratanz. Alles war hübsch anzusehen, voller Anmut und wohlgeordnet. Jeder einzelne Schritt war vorgeschrieben, und kein Fuß durfte sich jemals außerhalb des Taktes bewege. Kein Vergleich zu ihrem eigenen Leben, zum schweren Schleppen und Schinden an der frischen Luft und bei jedem Wetter, zum Rhythmus des wild heulenden Windes, zu den unteren Hecken sprießenden Blumen und plötzlichen Sonnenschein." Zitat S. 246

 

Dennoch liebte ich es, mich erneut mit der Familie Bennet vertraut zu machen, auch wenn sie in "Im Hause Longbourn" eher eine Nebenrolle spielen. Hier wird ganz klar der harte Arbeitsalltag beschrieben und die Probleme der Dienstboten in Anschein genommen. Selbst Mrs Hill, die den Vorstand der Küche und des Hauses innehält ist eine völlig andere Person als sie mir in "Stolz und Vorurteil" begegnet war, dadurch wirkt sie um einiges menschlicher. Letztendlich verdient sie meinen ganzen Respekt für all die Dinge auf die sie in ihrem Leben verzichtet hat und die nun zum Vorschein kommen.

 

Wir haben es aber natürlich nicht nur mit einem historischen Roman, der "Stolz und Vorurteil" wirklich Konkurrenz machen kann, sondern auch eine ganz besondere Liebesgeschichte. In mehreren Kapiteln / Abschnitten lernen wir die Protagonisten kennen, denn sie kommen zu Wort und geben uns Einblicke in ihr mitunter wirklich hartes Leben. Und wie ich schon sagte, kommt auch die Liebe nicht zu kurz. Herzschmerz ist auch in "Im Hause Longbourn" vorprogrammiert und lässt mich regelrecht dahin schmelzen.

 

Meine Erwartung an das Buch wurde komplett übertroffen und ich möchte sehr, sehr gerne eine Leseempfehlung für "Im Hause Longbourn" aussprechen, da ich mich rundum wohlfühlte und auch wenn sich meine Ansichten über die Familie Bennet leider ein klein wenig geändert hat, war das Gesamtpaket als "sehr gut" einzustufen. Von Elizabeth und Mr Darcy hätte ich zwar gerne etwas mehr gelesen, aber es hat mich getröstet, dass die zu erzählende Geschichte von Sarah und James ebenso liebenswert ist.