Rezension

Ein denkbares Zukunftsszenario

Bluescreen - Dan Wells

Bluescreen
von Dan Wells

Inhalt:
Marisa lebt in einer Welt, in der man jeden Tag online ist. Mittels eines Anschlusses am Hinterkopf kann man sich jederzeit in eine virtuelle Welt einloggen. Schaufenster senden maßgeschneiderte Werbung auf die Netzhaut des Betrachters.
An einem Nachmittag bringt Anja, Marisas Freundin, die neue Droge „Bluescreen“ mit. Bluescreen soll dafür sorgen, dass im ersten Moment alle Sinneseindrücke überreizt werden, danach fährt sich das innere System herunter. Der Kick, der dadurch entsteht, soll atemberaubend sein. Doch als Anja die Droge einnimmt, läuft etwas schief: Anja schlafwandelt. Bald erfahren Marisa und ihre Freunde, dass mit dem Einnehmen von Bluescreen eine Datei in dem Kopf des Konsumenten abgelegt wird, die sich nicht so einfach entfernen lässt. Ein gefährliches Spiel gegen die Zeit beginnt.

Wichtigste Charaktere:
Marisa ist eine begnadete Hackerin. Gemeinsam mit ihren Freunden spielt sie so oft es geht das Onlinespiel „Overworld“. Die eingeschworene Gruppe nennt sich dort die „Cherry Dogs“.

Sahara ist die „Anführerin“ der Freundesgruppe. Zwei Drohnen namens Camilla und Cameron begleiten sie tagein, tagaus und filmen ihren Alltag, um ihn sogleich in einem Videochat online zu stellen.

Anja wechselt ihre Tätowierungen fast jeden Tag. Sie ist viel im Darknet unterwegs und beschäftigt sich mit „Körperhacks“.

Bao gehört ebenfalls zu Marisas Freundeskreis. Er besitzt als einer der wenigen Bewohner Miradors kein „Djinni“. Er nutzt immer noch ein altmodisches Handy und gilt damit als Außenseiter. Er ist ein hervorragender Taschendieb.

Die Welt:
Dan Wells lässt seinen Roman in Los Angeles im Jahre 2050 spielen. So gut wie jeder trägt eine Buchse – ein Djinni - im Kopf, mittels der er tagein, tagaus online ist. E-mails abrufen, unterhalten per Chat, telefonieren, Bankgeschäfte, alles erfolgt schnell über das Implantat im Kopf.
Beim Gang durch die Stadt lesen die Geschäfte die ID des Nutzers aus und projizieren eine maßgeschneiderte Werbung auf die Netzhaut des Betrachters. Ein gutes Adwareprogramm sollte man besitzen, um die vielen Popup-Fenster zu minimieren.
Putzdrohnen erledigen hier die Hausarbeit. Sie eilen durch das Zimmer, scannen zum Beispiel die Etiketten der Schmutzwäsche und entscheiden dann selbstständig, wie die Kleidung gewaschen und behandelt werden muss.
Der Himmel wimmelt nur so von „Nulis“ (= Drohnen), die alle eine spezielle Aufgabe erledigen.
Im Taxi wird man gefragt, welche Werbung man gerne zugeschaltet bekommen möchte. Die eigene Musikbibliothek kann ganz einfach mit der des Fahrzeugs synchronisiert werden, so dass man auf der Fahrt seinem Lieblingssong lauschen kann.

Schreibstil:
Dan Wells beginnt seine Geschichte gleich mittendrin. Man befindet sich mit den Protagonisten in einem Gefecht. Es dauert einen Moment, bis man den Überblick über Handlung, Charaktere und Zeitgeschehen findet. Dass die Protagonistin gerne einmal spanische Versatzstücke zum Besten gibt, macht es nicht einfacher. Nach einigen Seiten sollte man als Leser jedoch im Geschehen angekommen sein. Dan Wells hält sich nicht mit Erklärungen auf und fordert den Leser heraus, sich den Plot selbst zusammenzureimen.
Um einen Einstieg in die Geschichte zu erleichtern oder auch neugierigen Lesern eine Vorstellung davon zu vermitteln, was die einzelnen spanischen Wörter bedeuten, die die Hauptcharakterin gerne einmal verwendet, wäre ein Glossar am Ende des Buches wünschenswert gewesen.
Der Weltenentwurf des Autors ist gut durchdacht und bietet ein Erlebnis der besonderen Art. Es erscheint gut vorstellbar, dass solch eine Zukunftsvision irgendwann einmal Realität werden könnte. Einen schönen Kontrastpunkt setzt hier Marisas Freund Bao, der als einer der wenigen Bewohner von Mirador, kein Implantat besitzt sondern sich bislang nur mit externen technischen Hilfsmitteln verständigt. Er gilt als Außenseiter.
Auch der Handlungsstrang ist gut durchdacht. Auf keiner der knapp 370 Seiten kommt Langeweile auf. Leser/innen, die gerne eine kleine Liebesgeschichte am Rande verfolgen, werden hier ebenfalls bedient.

Fazit:
Dan Wells schafft mit Bluescreen einen Roman, der mit einem gut durchdachten Plot und einem fantastischen Weltenentwurf punktet.Und auch das Hauptthema des Romans ist nicht nur fantasievolle Zukunftsvision, sondern auch uns schon Spiegelbild unserer Gesellschaft.
Sein fantasievolles Setting wirkt erschreckend realistisch. Auf keiner der gut 360 Seiten kommt Langeweile auf. Spannung, Fantasy, gelungene Charaktere: Hier bekommt man als Leser ganz großes Kino geliefert.