Rezension

Ein Dorf blüht auf ...

Romeo und Romy - Andreas Izquierdo

Romeo und Romy
von Andreas Izquierdo

Bewertet mit 4 Sternen

Romy hatte große Träume, als sie ihr Dorf und ihre Heimat verlies, sie wollte Schauspielerin werden, und zwar eine ganz Berühmte. Aber gelandet ist sie leider unter der Bühne und mimt die Souffleuse. Allerdings auch nicht sehr lange, denn nach einer katastrophalen Premiere, einen kurzen Flirt mit dem Hauptdarsteller Ben und der erschreckenden Nachricht, dass ihre Großmutter verstorben ist, wird sie gefeuert. So kehrt sie allen den Rücken und tritt die Heimreise an, was da allerdings auf Romy wartet, ist auch nicht erbaulich. Das Dorf besteht, fasst nur aus Alten und diese haben nichts Besseres zu tun, als sich um die letzten zwei Plätze auf dem Friedhof zu schlagen, sonst müssen sie ins Nachbardorf bestattet werden und das geht gar nicht. Romy ist also immer in Sorge, um das Leben von geliebten Menschen und frustriert, weil in ihrem Leben nichts geklappt hat. Sie schwebt ein bisschen im Nichts, bis sie eines Tages den verrückten Plan schmiedet, ein elisabethanisches Theater zu bauen. Wozu hat man eine Scheune, die keiner braucht und so könnte sie ihren Traum von, den Brettern die, die Welt bedeuten, selbst verwirklichen. Romy ist elektrisiert und steckt das ganze Dorf damit an, es kommt Leben auf und nimmt so ganz ungeahnte Bahnen. Wird ihr Plan ein Theater zu bauen glücken? Wird es zu einer Aufführung kommen? Was hat sich Romy dabei gedacht, Ben zu engagieren? Und warum knistert es so gewaltig zwischen den beiden, ohne dass Romy es mitbekommt? Und wird es noch Stress wegen des Friedhofs geben?

Ein neuer Roman von Andreas Izquierdo und ich gerate in totaler Verzückung, denn seine Geschichten sind immer was ganz Besonderes. Dieser Autor beherrscht es unglaublich gut, Witz, Charme und Leichtigkeit mit ernsten Themen zu verknüpfen und aus sprudelnder Unterhaltung, Tiefe und Weisheiten einzubauen. Das man nach jedem Buch, was man verschlungen hat, sich schwer davon lösen kann und das Herz noch lange schneller schlägt. Nun erzählt er zum ersten Mal, für mich zumindest, aus weiblicher Sicht und wir lernen Romy kennen.

Romy ist in einem Dorf im tiefsten Sachsen aufgewachsen. Ihre Mutter ist früh gestorben und ihr Vater schon vor ihrer Geburt nach Russland zurückgekehrt. So haben sich ihre Großmutter und alle Bewohner um sie gekümmert und deshalb ist Großzerlitsch ihre Familie. Für die alten Leute ist Romy was ganz wunderbares, jeder glaubt an sie, auch wenn sie es mit ruppiger Art rüberbringt. Romy allerdings sieht sich ganz anders, in die Theaterwelt, wohin sie immer wollte, hat es nicht geklappt, sie ist verunsichert, kehrt sich gern unter den Scheffel und das macht sie für mich als Leser so unglaublich sympathisch. Sie ist dieses Mädchen von nebenan, wie du und ich und man begleitet sie gern auf ihrem Weg. Man möchte sie öfters mal schütteln und ihr den Kopf waschen, sie vor Dummheiten und ihrer Naivität bewahren und gleichzeitig möchte man doch sehen, was daraus wird. Romy liebt ihre Leute und das gibt ihr die Kraft für das Unmögliche, denn sie nimmt ihre Träume in die Hand und will sie unbedingt verwirklichen, aber nicht nur für sich, sondern weil es alle zusammenbringt und sie immer mehr zusammenwachsen.

Überhaupt hat Andreas Izquierdo seine Geschichte mit tollen Figuren bestückt, da gibt es den Motzenden, die zankenden alten Damen, der immer zum dummen Spruch aufgelegte, die etwas Verrückte und der Eine, dem sie alle vertrauen, so fühlt sich die Gemeinschaft quirlig, liebenswert und lebendig an. Da das Dorf weit ab vom Schuss ist, ist es auch wie ein eigenes kleines Universum, jeder kennt jeden und das, bringt nicht immer nur gute Seiten mit sich. Der Autor nimmt sich diesen Problemen an und zeigt sehr facettenreich, wie unterschiedlich die einzelnen Schicksale sind und wie sie sich trotzdem miteinander verschmelzen und welche Kraft so ein Theaterbau entwickeln kann.

Ich war wieder mit seinem Figuren nah dabei und habe alles genau vor Augen gesehen und trotzdem, konnte es mich nicht ganz packen. Der Einstieg war schon recht anstrengend, bis dann das Ganze fahrt aufnimmt, wird es immer wieder von einzelnen Erzählsträngen abgebremst und für mich blieb die Liebesgeschichte ein bisschen zu blass. Ich glaube, hier ist es wirklich ein Problem gewesen, das ich seine Vorwerke schon kenne, diese waren so berauschend und hier kam nicht ganz so Fahrt auf. Der Kern, die Figuren und die Idee waren unglaublich gut, aber für mich hätte es zügiger sein können und einige Augenmerke in andere Ansätzen hätten mich ein bisschen mehr interessiert.

Romeo und Romy ist jetzt für mich nicht die klassische Liebesgeschichte, auch wenn hier Shakespeare seine Finger mit im Spiel hat, sondern ein Spiegel für „das Mensch“ sein, was ist wirklich wichtig im Leben, wofür lohnt es sich zu kämpfen und wie kann ich mich für andere einsetzen, helfen, und zwar für die Menschen, die ich liebe. Wir lernen, dass es sich selbst im Alter noch lohnt, an Träume zu glauben und neue Wege zu gehen. Andreas Izquierdo unterhält wieder aufs Beste und hat mir die Eine oder andere Träne abgeluchst, auch wenn es für mich einige Längen gab, kann ich das Buch trotzdem jeden empfehlen, der Geschichten zum Lachen und weinen mag.

 

 

Kommentare

wandagreen kommentierte am 12. April 2016 um 19:35

Dass die Liebesgeschichte keinen großen Raum einnahm, gefiel mir gerade gut. Aber dennoch hat der Roman so ein paar klitzekleine Schwächen ... .