Rezension

Ein dritter Blick zurück

Fronleichnamsmord - Bea Rauenthal

Fronleichnamsmord
von Bea Rauenthal

Bewertet mit 5 Sternen

~~Zum dritten Mal reisen Jo (Josepha) Weber und Lutz Jäger in die Vergangenheit, um dort einen Mord aufzuklären. Zwei Dinge sind anders als zuvor in diesem dritten Band. Zum einen gibt es einen konkreten Auftrag, sich um diesen alten, bislang ungeklärten, Mordfall zu kümmern. Und zum anderen ist die Zeitreise nur kurz.

Gerade mal vierzig Jahre zurück geht die Reise ins Jahr 1974. Es ist die Zeit der Hippies, der Kommunen und des Rauschgiftkonsums, der RAF und des bevorstehenden Prozesses in Stammheim. Und es ist der Sommer der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland.
Da Jo und Lutz in der Gegenwart nicht mehr zusammen arbeiten, ist sich Jo anfangs nicht wirklich sicher, ob sie ihren Kollegen auch im Jahr 1974 wieder treffen wird, aber natürlich klappt auch das. Jo ist in diesem neuen Fall eine junge Polizeianwärterin, Lutz landet ausgerechnet in der Kiffer-Kommune, in der das erste Todesopfer kurzzeitig gelebt hat. In den Personen ihrer Umgebung treffen sie erneut auf Personen, Orte und Gegenstände, die sie vermeintlich aus den beiden vorherigen Fällen/ Zeitreisen  erinnern, aber das sind auch schon die einzigen Anknüpfungspunkte, über die man leicht hinweg lesen kann, wenn man die beiden Vorgängerromane nicht kennt.

Das erste Todesopfer ist ein fahnenflüchtiger Soldat, der nebenbei lukrativ im Drogenhandel agiert hat. Seine Rolle und vor allem sein Umfeld bleibt für die beiden Ermittler, aber auch für den damaligen Polizeiapparat, zunächst ein Buch mit sieben Siegeln, und so konzentriert sich Jo verstärkt darauf, den Mord, der Anlass für ihre Zeitreise war und der noch nicht geschehen ist, zu verhindern. Dazu greift sie zu einigen merkwürdigen Verkleidungen und fragwürdigen Aktionen und trifft verständlicherweise auf wenig Verständnis. Und dass ihr das nicht gelingen kann, wissen wir Leser schließlich von Anfang an.
Zunächst ein wenig merkwürdig anmutend, aber mit Fortschreiten des Buches eine spannende Idee ist das Zusammentreffen Jo mit ihren zukünftigen Eltern. Ihren Vater hat sie eigentlich nie richtig kennengelernt, da er früh bei einem Polizeieinsatz ums Leben kam. Jetzt ist er plötzlich ihr Vorgesetzter und ihre Mutter, erfolgreich und wohlhabend in der Gegenwart, ist damals Teil der Hippie-Kommune. Zwei Menschen, zwei Seiten, wird es eine Brücke zueinander geben? Obwohl Jo ja allein durch ihre Existenz weiß, dass damals alles gut ging, versucht sie doch ständig für ein gutes Einvernehmen zwischen den beiden zu sorgen ….

Auch wenn diese Idee des Kennenlernens des eigenen Vaters ganz reizvoll ist, hat sie doch gewisse Schwächen, ist nicht immer überzeugend und schrammt manchmal auch nur ganz knapp am Kitsch vorbei. Spannend erzählt und konstruiert ist dieser neue Fall aber schon und als die Lösung des Falls dann gerade während des spannenden WM-Endspiels in die entscheidende Phase tritt, freut nicht jeden der Beteiligten.
Für mich war dieser Fall 3 das beste der bisherigen Romane, allerdings lasse ich die Frage zu, ob das daran liegen mag, dass ich den “Fronleichnamsmord“ gelesen habe? Die beiden vorherigen Bände hatte ich gehört – und als Hörbuch wirkt eine Geschichte immer noch einmal anders.