Rezension

Ein durch und durch gelungener Umgang mit einem schwierigen Thema

Die Attentäter - Antonia Michaelis

Die Attentäter
von Antonia Michaelis

Bewertet mit 4.5 Sternen

„Die Attentäter“ ist das aktuelle Werk (Stand September 2016) der renommierten deutschen Autorin Antonia Michaelis, mit welchem sie sich, wie so oft, einem sehr aktuellem und sensiblem Thema annimmt und damit mitten ins Herz trifft!

„Er hatte immer im Schatten gelebt. Im Dunkel. Und das Dunkel hatte geglüht; hatte eine eigene Anziehungskraft ausgeübt, wie ein schwarzes Feuer. Er hatte im Schatten gelebt, doch jetzt lebten die Schatten in ihm.“

Wie der Titel verrät, geht es hier um Attentäter, im engeren, aber auch im weiteren Sinne. Ein Thema, das vermutlich viele Menschen auf dieser Welt beschäftigt, so auch mich.

Nur wie sich dem Thema nähern, wenn es eine Flut an Literatur mit unterschiedlicher Herangehensweise gibt?

Als ich sah, dass meine deutsche Lieblingsautorin ein Buch darüber schreiben würde, wusste ich, dass ich es lesen müsste. Ganz einfach aus dem Grund, dass sie sich nicht dazu verleiten lässt, Geschichten zu beschönigen und sie mich sämtliche Emotionen durchleben lässt, gleichzeitig aber wirklich Informationen vermittelt und das alles mit ihrem Charme würzt. Genau das ist auch, wie bei allen Michaelis Büchern, die ich bislang las, passiert.

 

Aber worum geht es eigentlich?

Dies ist die Geschichte von Cliff und Alain. Und Margarete. Alain ist das gut behütete Künstlerkind aus wohlhabendem Elternhaus, Cliff ein vernachlässigter Junge, ein Trennungskind, das bei seinem Vater lebt und von seinem Emotionen überwältigt wird.

Cliff und Alain sind zwei Magneten, die nicht voneinander lassen können und nur von Margarete davon abgehalten werden, sich vollkommen ineinander zu verlieren (auf positive, aber auch negative Weise). Margarete, die Stimme der Vernunft, erlebt alles mittendrin: Wie Alain, der strahlende Junge, nur dafür zu leben scheint, Cliff zu beschützen und wie Cliff alles zerstört, was Bedeutung haben könnte.

In seiner Wut schließt er sich erst Neonazis an, konvertiert später zum Islam und radikalisiert sich. Dies ist die Geschichte von gebrochenen Seelen, die sich nicht zusammenflicken lassen.

 

„Gewalt auszuüben, um Gewalt zu verhindern. Gewalt, die zum ersten Mal legitimiert wurde. Das war es, dachte er, wozu er geboren war: Es hatte ihn immer auf die Seite der Gewalt gezogen, auf die Seite des Dunkels, des Blutes. Und hier also war der Grund, denn es gab einen Grund, er war nicht sinnlos so, wie er war, er hatte es nur nicht gewusst. Dies war seine Bestimmung.“

 

Wer Antonia Michaelis kennt, der weiß, dass sie eine gewaltige Bildsprache hat und dass ihre Geschichten immer ein bisschen Mystik haben, durchzogen von Metaphern sind und es komplett ausgeschlossen ist, dass sie nur an der Oberfläche kratzen. „Die Attentäter“ ist da absolut keine Ausnahme. Man muss sich nur darauf einlassen können, dass sie keine bunte Zuckerwatten-Welten erschafft, wie viele sie sich wünschen, sondern Geschichten aus dem Leben erzählt.

 

Ich möchte das Buch nicht bloß Fans der Autorin oder Menschen, die keine Scheu haben, auf Michaelis-Weise der Realität ins Auge zu blicken, empfehlen, sondern einfach JEDEM, der keine Angst davor hat, ein Buch in die Hand zu nehmen! Einen besseren Umgang mit dem Thema könnte ich mir nicht vorstellen.