Rezension

Ein echtes Lese-Erlebnis

Märzgefallene - Volker Kutscher

Märzgefallene
von Volker Kutscher

 

Dieser fünfte Teil um und mit Gereon Rath ist bestimmt kein Leichtgewicht, und das meine ich nicht nur im Hinsicht auf seinen Umfang. Der neue Roman von Volker Kutscher ist ein komplexes, vielschichtiges Werk. Wie auch in seinen vorherigen Krimis versteht der Autor es perfekt, einen Kriminalfall in das Deutschland der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts zu verlegen und  mit historischen Ereignissen und Personen zu verknüpfen.

 

Nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 wird Kommissar Gereon Rath aus seinem Köln-Urlaub zurückgerufen und mit dem Mord an einem Obdachlosen konfrontiert. Der Fall wird zwischenzeitlich als zweitrangig eingeordnet und Rath zur Arbeit bei der Politischen Polizei beordert.

Als aber ein zweiter, ähnlicher Mord geschieht, ermittelt Rath weiter und erkennt erstaunliche Zusammenhänge. Seine Nachforschungen führen ihn unter anderem zu Leutnant von Roddeck und Geschehnissen aus dem 1. Weltkrieg, die Roddeck in einer Erzählung,  „Märzgefallene“ ,  veröffentlicht. Der Roman im Roman berichtet von den gefallenen Soldaten der Kämpfe vor der „Siegfriedfront“ bei Cambrai im März 1917.  Wer sich in der Geschichte des 20. Jahrhunderts etwas auskennt, dem wird die Mehrdeutigkeit des Titels, den Kutscher seinem Krimi gegeben hat, durchaus bewusst; denn gleichzeitig ist der Begriff „Märzgefallene“ auch die ironische Bezeichnung für die zahlreichen Menschen, die nach den Wahlen am 5. März 1933 der NSDAP beitraten.

 

Der Autor nimmt seine Leser auf eine Zeitreise in das Jahr 1933 mit, und es gelingt ihm mühelos, sie mitten in den Alltag der Protagonisten hinein zu versetzen. Detailgetreu und sensibel beleuchtet er die düstere Atmosphäre und die aufgeputschte Stimmung im „neuen Deutschland“ von „unten“ her, aus der Sicht der Bevölkerung. Er lässt den Leser die Wahlen im März und die Veränderung Deutschlands miterleben und gibt aus unterschiedlichen Perspektiven Lebensgefühl, Hoffnungen und Ängste jener Zeit wieder, was den Roman sehr real und die Charaktere authentisch wirken lässt.

Die Mordserie und ihre Aufklärungsarbeit geraten darüber keineswegs in den Hintergrund, sondern sind geschickt in mehreren Erzählsträngen mit historischen Ereignissen und privaten Problemen Raths verwoben. Unerwartete Wendungen halten die Spannung bis zum Schluss.

Mein Fazit: Ein rundum gelungenes Buch und ein wirkliches Lese-Erlebnis!