Rezension

Ein ernstes Thema offen angesprochen

#fingerweg - Susanne Fülscher

#fingerweg
von Susanne Fülscher

Inhalt:
Endlich ist es soweit: Die Schulzeit ist vorbei. Ein anderer Lebensabschnitt beginnt. Lisa möchte die folgende freie Zeit genießen und sich dann einen Job in der Filmbranche suchen. Die Bewerbungen sind bereits raus, der Urlaub mit der besten Freundin geplant.
Doch bevor die freie Zeit richtig beginnen kann, erhält Lisa einen Anruf von keinem geringeren als dem berühmten Produzenten Maxime Léon. Der Produzent bietet ihr eine Praktikumsstelle an. Lisa ist hin und weg. Natürlich sagt sie sofort zu.
Lisas größter Traum wird Wirklichkeit. Sie darf sich Drehbücher anschauen, selbst ihre Vorschläge einbringen und sogar gemeinsam mit Maxime Filmpremieren besuchen. Doch die enge Zusammenarbeit hat auch ihre Tücken. Erst sind es nur die beiläufigen Berührungen, dann kommen obszöne Bemerkungen hinzu. Lisa muss sich entscheiden: Ihren Traum aufgeben oder gegen die ungewollte Intimität ankämpfen.

Schreibstil:
Susanne Fülscher schreibt in ihrem Buch #fingerweg über das Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Ihr gelingt es, die einzelnen Stufen, die ein Opfer durchleben muss, zu vermitteln.
Dabei zeigt sie so etwas wie eine Eskalationsspirale auf. Dieser Roman regt zum Nachdenken an.
Mit Lisa stellt die Autorin dem Leser eine Charakterin vor, die einerseits sehr mutig und stark ist, andererseits auch oft Entscheidungen trifft, die nicht immer bis zum Ende durchdacht wirken. Lisas Leben ist nahezu perfekt. Ihre Eltern sind für sie da, auch die Beziehung zu der kleinen Schwester ist harmonisch. In Marie hat Lisa eine beste Freundin gefunden, die sagt, was sie denkt und auch immer für sie da ist. Natürlich gibt es auch Auseinandersetzungen und nicht immer entscheidet der jeweils andere so, wie man es gerne hätte. Doch halten die beiden Freundinnen im Ernstfall stets zueinander.
Lisa hat die Schulzeit hinter sich gebracht und erwartet voller Vorfreude einen neuen Lebensabschnitt. Ihr großer Traum ist es einen Job in der Filmbranche zu erhalten. Ein Anruf von einem bekannten Produzenten lässt diesen Traum wahr werden. Es könnte alles nicht besser sein.
Doch diese Phase des Glücks hält nicht lange an. Lisa muss sich schon bald fragen, ob die Welt der Filmbranche einfach eine etwas andere ist. Ob die ungewollte Nähe zum Chef - Anwesenheit zu einem späten Geschäftsessen oder einem Frühstück am Wochenende im Büro - normal ist. Ist es einfach so, dass die Leute beim Film offener sind? Schließlich nimmt Maxime öfters jemanden in den Arm und eine beiläufige Berührung ist vielleicht einfach nur ein Zeichen seiner herzlichen Art.
Lisa muss sich von ihren Freunden spitze Kommentare gefallen lassen, weil sie versucht dem Chef zu gefallen. Schließlich möchte sie eine gute Empfehlung und sie möchte nach dem Praktikum auch gerne ihren Weg in der Branche weitergehen.
Nach und nach wird Lisa klar, dass es ihr nicht gefällt, den von seiner Frau vor die Tür gesetzten Chef, morgens nur leicht bekleidet im Büro vorzufinden. Sie möchte nicht, dass er sie zu lange im Arm hält oder dass er sie „Hase“ nennt. Auch die Bemerkungen der Kollegen lassen Lisa aufhorchen. Doch so schnell ist Lisa nicht bereit ihren Traum aufzugeben.
Der Balanceakt zwischen Nachfühlen und Einfühlen in das Schicksal des Opfers ist geglückt. Alle Phasen erlebt der Leser hier mit Lisa. Man begreift, warum es nicht einfach ist, mit anderen zu sprechen. Man hofft, dass Lisa endlich geht, anstatt immer wieder zurückzukehren.
Auch der Charakter Maxime ist der Autorin perfekt gelungen. Der Produzent ist smart, er ist charismatisch und beliebt. Wenn man Maxime das erste Mal begegnet, dann ist es, als würde man einen Freund wiedersehen: Sofort kommt man mit ihm ins Gespräch, sofort spürt man seine Offenheit. Auch versteht es Maxime perfekt Fehltritte zu überspielen. Eine Sekunde in seiner Gegenwart und schon hat er sein Gegenüber mit Worten eingesponnen. Er ist ein charmanter, einfühlsamer, adäquater Gesprächspartner, der es versteht seine dunkle Seite zu verbergen.

Fazit:
Susanne Fülscher schreibt ihren Roman unaufgeregt, aber dabei immer aufrichtig und ehrlich, ohne zu beschönigen. Die Charaktere sind vielschichtig und glaubhaft.
Zudem analysiert die Autorin die Eskalation einer Arbeitsbeziehung gekonnt. Sie zeigt eine soziale Spirale, deren Kreise immer enger werden und am Ende nur einen möglichen Ausweg kennt.
Dieser Roman wirkt durch seine Lebensnähe nach: Unterhaltsam, lebendig, lebensnah und empfehlenswert.