Rezension

Ein etwas anderer Krimi

Mordzeitlose - Patricia Holland Moritz

Mordzeitlose
von Patricia Holland Moritz

Bewertet mit 4 Sternen

„...Das Schauspiel der Herbstzeitlosen war beeindruckend,wenn sie in den ersten Tagen des Herbstes an die Erdoberfläche kroch und den nahenden Winter ankündigte...“

 

Das Buch beginnt heftig. Eine Frau stirbt – langsam und bei vollem Bewusstsein.

Dann folgt kursiv das Zitat über die Herbstzeitlose.

Margrit lebt in einer Gärtnerei in Brandenburg. Nach dem Tode der Mutter hat sich in ihrem Leben nicht viel geändert. Zwar hofft sie auf die Zuneigung des Vaters, die aber nimmt eher ab. Eine alte Türklinke erinnert sie an den Unfall der Mutter.

Die Autorin hat einen etwas anderen Krimi geschrieben. Ermittlungen spielen nur eine Nebenrolle. Dafür werde ich tief hinein in die Welt der Botanik geführt. Eigentlich erzählt die Autorin die Lebensgeschichte ihrer Protagonistin, die von mehreren Morden begleitet wird.

Margrits Kindheit ist von wenig Liebe geprägt. Ihre Mutter ist mit dem Dasein in der Gärtnerei unzufrieden. Margrit darf keine Freundinnen mit nach Hause bringen und auch selbst keine Besuche machen. Sie lebt in der DDR. Dort ist diese völlige Abschottung eher ungewöhnlich.

Die Pflanzen werden Margrits Ein und Alles. Jahre später wird sie Gartenbau in Ost-Berlin studieren, als Redakteurin bei einer Zeitung sich Geld zu verdienen und ihre Ideen mit Claus Steiner,einem Biologen an der Gartenakademie in West-Berlin brieflich diskutieren.

Claus Steiner, karrieregeil, von sich überzeugt, überheblich, ist der Meinung, die Ideen der seiner Meinung nach kleinen Biologin für sich nutzen zu können.

Der Schriftstil ist sehr ausgereift. Obwohl Pflanzen in vielen Dingen eine überragende Rolle in der Erzählung spielen, würde ich ihn nicht als romantisch bezeichnen. Selbst die vielfältigen Metapher sorgen für einen eher sachlichen Stil. Alles andere würde Margrits Charakter nicht gerecht werden. Das zeigt das folgende Zitat:

 

„...Das Leben sei nun einmal so, hatte Margrit ihren Vater zu trösten versucht. Es sei wie eine Pflanze, die wurzelte und Blüten trieb und Blätter fallen ließ und manchmal, wenn sie keinen Halt mehr hatte, wie eine Ranke eigene Wege ging...“

 

Ab und an werden in Rückblenden Margrits Erinnerungen aufgearbeitet.

Die Ermittlungen zum Tode der Mutter werden schnell zu den Akten gelegt. Die Unfallversion klingt plausibel. Nur einem lässt die Geschichte keine Ruhe, Manfred Everding,Leutnant der Kripo.

Margrits Ziel ist es unter anderen, ihr Modell des „Slow Gardenings“ umzusetzen. Die Pflanzen sollen Zeit haben, sich zu entwickeln. Langsamkeit ist gesagt. Das gilt gleichermaßen für den Erzählstil des Buches. Nichts geschieht übereilt. Episode reiht sich an Episode. Nur an einer Stelle bricht die Autorin aus dem Schema aus. Nach der Wende werden auf wenigen Seiten einige Jahre Weltgeschichte komprimiert zusammengefasst. Das dient aber eher dazu, aufzuzeigen, wie viel Zeit wieder vergangen ist.

Wer auf einen spannenden Krimi hofft, ist bei diesem Buch mit Sicherheit falsch. Es lässt sich nur genießen, wenn man sich auf die Langsamkeit der Geschichte einlässt und sich Muse für manche Feinheiten in der Erzählung nimmt. Dazu gehören auch die sehr subtilen Zwischentöne im Briefverkehr der beiden Protagonisten Margrit Kunkel und Claus Steiner.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die vielfältigen Informationen zu Pflanzen und ihren Besonderheiten und Margrits Ideen für die Verwendung von Giftpflanzen zeugen von einer umfangreichen Recherche der Autorin auf diesem Gebiet.