Rezension

Ein fantastisches, skurriles Feuerwerk

Alice - Follow the White - Stephanie Kempin

Alice - Follow the White
von Stephanie Kempin

Bewertet mit 5 Sternen

„Ich habe meine Schwester gegessen“.
Doch alles beginnt mit Bettys Beerdigung. Alice und Chloe können es nicht fassen, dass ihre Freundin Betty tatsächlich tot sein soll. Doch auf einmal überschlagen sich die Ereignisse. Zoey, eine Mitschülerin im Mutaren Internat von Miss York, zieht auf einmal eine Waffe und feuert auf Bettys Sarg. Und es wird noch unglaublicher. In der Nacht wacht Betty plötzlich in ihrem Sarg auf und spaziert „quietschlebendig“ davon. Auf ihrem Weg zurück ins Internat trifft Betty auf Zoey. Hier geschieht dann leider ein kleiner Unfall und Betty tötet ihre „Schwester“ Zoey und verspeist anschließend ihr Gehirn. Alice und Chloe entdecken Betty während ihres Festmahles und ihnen ist sofort klar, dass sie flüchten müssen. Also packen sie schnell ihre Sachen und machen sie auf den Weg. Wo genau sie hinwollen wissen sie noch nicht. Unerwartet bekommen sie Hilfe auf ihrer Flucht von einem sprechenden Kaninchen. Durch einen Kaninchenbau betreten sie das Dämmer-Spiegel-Land und dies ist der Auftakt zu einer turbulenten, bunten und skurrilen Reise durch das Dämmer-Spiegel- und das Märchenland.
Staphanie Kempin vermischt auf einzigartige Weise Elemente aus Alice im Wunderland, X-Men, James Bond, Grimms Märchen, Mission Impossible, The Walking Dead und noch vielem anderen. Was auf den ersten Blick überhaupt nicht zu funktionieren scheint verbindet sich auf wunderbare Weise zu einem äußerst abgefahrenen und skurrilen Gesamtbild. Obwohl die Autorin sich an anderen Geschichten bedient und sich Personen, Namen oder Orte ausborgt, drückt sie allem ihren persönlichen Stempel auf und kombiniert die Sachen wie man es nicht für möglich halten würde. So fühlt man sich meistens nur vage an die Originale erinnert und braucht manchmal auch etwas länger um herauszufinden woher man das eine oder andere denn kennt.
Sowohl die Personen als auch die diversen Orte werden mit einer großen Liebe zum Detail beschrieben ohne dabei aber zu langatmig oder ausufernd zu werden. Man bekommt einen sehr guten Eindruck und kann sich alles wunderbar vorstellen. Trotzdem bleibt noch Raum für die eigene Phantasie. Sowohl Alice, Betty und Chloe wie auch das Spionage-Häschen sind mir sofort ans Herz gewachsen und ich war am Ende des Buches doch ein wenig traurig, dass ich mich nun von ihnen verabschieden muss. Gerne hätte ich sie noch ein wenig länger auf ihren Abenteuern begleitet.
Die Handlung ist von Anfang an ziemlich verworren und nicht durchschaubar. Lange Zeit über wusste ich nicht so genau wo die Reise den eigentlich hingehen soll. Dies ist aber nicht so negativ gemeint, wie es jetzt vielleicht klingt. Zu Beginn gibt es einfach so viele Dinge die angesprochen aber nicht ausführlich erklärt werden. So ist z.B. bereits auf den ersten Seiten vom ARO die Rede, dass es sich dabei um das Amt zur Registrierung und Observierung von Mutaren handelt, erfährt der Leser aber erst einige Seiten später. Stück für Stück werden aber die einzelnen, losen Handlungsfäden zu einem großen Ganzen verwebt. Und diese kleinen Aha-Momente wenn ich wieder mal ein Zusammenhang verstanden habe, haben mich sehr gefreut.
„Alice – Follow the White“ zeichnet sich aber nicht nur durch das sehr gelungene Gesamtkonzept aus, sondern besticht vor allem auch durch seinen wunderbaren, an vielen Stellen auch schwarzen, Humor. Vor allem Bettys Tagebuch eintragen strotzen nur so vor komischer Elemente. Mehr als einmal musste ich während des Lesens laut loslachen.
Ich selbst bin eigentlich überhaupt kein Zombie-Fan, doch Stephanie Kempin hat mich davon überzeugt, dass auch Geschichten von und mit Untoten äußerst unterhaltend sein können. Wirklich ein grandioser Roman für alle die schwarzen Humor und Absurditäten lieben. Und allen anderen möchte ich das Buch auch ans Herz legen. Man muss sich einfach nur mutig hineinstürzen, ohne zu viel nachzudenken. So wie Alice sich mutig in den Kaninchenbau stürzt.