Rezension

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Ein gelungener Familienroman, der sich der Krankheit Alzheimer mit Humor nähert

Tage zwischen Ebbe und Flut - Carin Müller

Tage zwischen Ebbe und Flut
von Carin Müller

Bewertet mit 5 Sternen

udiths Vater Felix ist 70 Jahre alt und hat Alzheimer. Die Krankheit ist bei ihm zwar noch in den Anfängen, aber schon jetzt sind die typischen Symptome mehr als deutlich zu spüren und die Belastung für Felix Ehefrau Ellen ist sehr groß. Für Felix selbst ist dies alles natürlich am schlimmsten, immer mehr Erinnerungen und Worte scheinen im Nebel verschwunden zu sein und dass die Krankheit voranschreiten wird, ist leider traurige Gewissheit. Judith möchte ihrem Vater gerne einen Herzenswunsch erfüllen und lädt ihn zu einer gemeinsamen Kreuzfahrt in südliche Gefilde ein. Damit trifft Judith aber auf gar kein Wohlwollen bei Ellen, ihrer Mutter, zu der sie ohnehin seit jeher ein eher gespanntes Verhältnis hat. Ihre Mutter Ellen übt sich stets in perfekter Planung und Haltung und hatte wie üblich einen Golfurlaub mit Felix geplant, doch Felix entscheidet sich für die Kreuzfahrt. Nur widerwillig schließt sich auch Ellen den Beiden an. Die Vierte im Bunde bei dieser Reise wird die junge Fabienne, Ellen und Felix Enkelin und Judiths Nichte. Der Teenager reist eher unfreiwillig mit und hatte sich in den Ferien eigentlich die erfolgreiche heimliche Teilnahme bei einem Casting ausgemalt.

Die Vorzeichen für eine entspannte Reise stehen also alles andere als gut und es kommt wie es kommen muß, an Bord prallen Judiths und Ellens Ansichten über Kleidungsstil und anderes sowie den Umgang mit Felix arg aufeinander und auch Fabiennes Zickereien nerven anfangs. Aber auch der gute Felix kann schon einmal bockig werden und für Überraschungen sorgen. Die Tage auf hoher See verändern so einiges in der Familie und führen zu unerwarteten Einsichten, Aussprachen und der Aufarbeitung der Vergangenheit, Tubulenzen sowie lustige und ernste Momente inklusive. Das Meer entfaltet eine ganz erstaunliche Wirkung auf die Reisenden.

Dieser Roman hat mir sehr gut gefallen. Er nähert sich dem traurigen Thema Alzheimer mit viel Warmherzigkeit und Humor, macht Mut und zeigt, dass diese schreckliche Diagnose noch nicht das Ende bedeuten muß, ist aber auch so realistisch geschrieben, dass nichts an dieser Krankheit verharmlost wird. Die Sichtweise aller Protagonisten, ihre Sorgen und Nöten und ihr Umgang miteinander, der wie in  jeder Familie auch nie ganz problemlos vonstatten geht, wird realistisch und mit viel Einfühlungsvermögen geschildert. Tolle Dialoge, oft sehr gelungener Humor und eine wirklich traumhaft beschriebene Reisekulisse mit tollen Urlaubszielen runden das ganze perfekt ab. Ein Roman, der sehr gut unterhält, nachdenklich macht, aber auch viel Zuversicht mit auf den Weg gibt.