Rezension

Ein Gentleman und seine Eselin

Pawlowa
von Brian Sewell

Bewertet mit 4 Sternen

Ein hübsches Büchlein - und doch plätschert es mir zu sehr dahin.
Zunächst einmal aber beginnt es sehr anrührend.  

Der britische Archäologe Mr. B. ist mit einem für seinen Geschmack eindeutig zu kommerziellen Fernsehteam in Pakistan, als er mitten im städtischen Gewühl eine kleine schmächtige Eselin entdeckt, die jemand viel zu schwer beladen hat. Mr. B. bricht es das Herz. Und er fällt eine Entscheidung. Er nimmt das offensichtlich gerade herrenlose Tier einfach mit. Das entsetzte Fernsehteam schickt er allein nach Hause und macht sich auf den langen und abenteuerlichen Landweg gen Heimat, denn die Eselin im Flugzeug zu schmuggeln, wäre doch ein bisschen auffällig. So lernen Mr. B. und seine Eselin auf sehr ungewöhnliche Weise Länder und Leute kennen, erleben herzliche Gastfreundschaft oder landen auch schon mal für eine Nacht im Gefängnis.

Die Esel-Schmuggel-Challenge führt zu einer sehr erfrischenden Art der Reisebeschreibung, und der Autor versteht es durchaus, Länder und Menschen warmherzig und liebevoll zu schildern.
Brian Sewell hat sich mit dieser rührenden Geschichte sein schlechtes Gewissen von der Seele geschrieben, denn die Initialzündung zu dieser Buchidee war ganz offensichtlich eine reale Begegnung des Autors mit einem Esel in Pakistan, die aber wohl leider nicht in eine Eselschmuggel-Abenteuergeschichte mündete. Ich finde allerdings, der Autor hat beim Schreiben zu sehr auf sein schlechtes Gewissen und zu wenig auf den Leser Rücksicht genommen. So arg sind seine Schuldgefühle der armen Originaleselin gegenüber, dass er an seine Buch-Pawlowa bei der Durchquerung Frankreichs eine ganze Cremetarte verfüttert. Da ist mein Mitgefühl ganz bei den beiden fassungslosen Französinnen, die zurecht die Köpfe schütteln. Auch finde ich nicht sehr komisch, dass die liebe, still die Abwesenheit ihres Mannes erduldende Mrs. B. selbstverständlich hintenan steht in der Rangfolge Eselin - Hunde - Ehefrau. Ebenso deplatziert der Abschiedsannäherungsversuch der ach so hilfsbereiten Botschaftergattin. Wäre der Fall andersherum passiert, der Reisende ein junges Mädchen und die Diplomatengattin ein Diplomatinnengatte, es wäre üble sexuelle Belästigung gewesen.
Sieht man einmal von dieser kleinen Episode ab, würde sich das Buch durchaus als Vorlesebuch für Kinder eignen, aber einem erwachsenen Leser sollte man wirklich nicht schon in der Kapitelüberschrift jeweils alles Wesentliche verraten ... auch diesem Umstand ist es vielleicht geschuldet, dass die Lektüre mich nicht so richtig packen konnte, wenn sie auch immer wieder ihren Reiz hatte.