Rezension

Ein grandioser Jugendthriller - auch für Erwachsene

Nashville oder Das Wolfsspiel - Antonia Michaelis

Nashville oder Das Wolfsspiel
von Antonia Michaelis

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt:

Svenja studiert im 2. Semester Medizin und ist eben von Leipzig nach Tübingen gewechselt. Hier ist sie gerade dabei, ihre Studentenbude in Besitz zu nehmen, als sie im Schrank ein vielleicht neun- oder zehnjähriges verwahrlostes Kind entdeckt. Es steht auf dem Kopf und schaut sie aus dunklen Augen an, spricht aber nicht. Svenja bringt es nicht übers Herz, das Kind  – sie nennt es Nashville – bei der Polizei abzugeben, sondern lässt es bei sich wohnen. Nachts haut Nashville immer wieder ab, wo treibt er sich herum? Svenja beginnt erst viel zu spät zu ahnen, in welcher Gefahr das Kind sich befindet, und nicht nur das Kind...

 

Meine Meinung:

Wer sich nun schon an dem wirklich nicht alltäglichen Plot und der unwahrscheinlichen, aber doch möglichen Handlungsweise der Protagonistin stört, sollte die Finger von dem Buch lassen, denn „vernünftig“ handelt in diesem Buch fast niemand. Allerdings wird man dann eine grandiose Geschichte verpassen. Man sollte schon die Fähigkeit mitbringen, sich in alle möglichen Charaktere einzufühlen oder sie zumindest zu akzeptieren - heile, „normale“ Welt darf man hier getrost vergessen. Michaelis entwirft ein buntes Szenario mit Obdachlosen, Hausbesetzern und WG-Bewohnern. Svenja und ihre neuen Freunde sind alle irgendwie schräg, aber dadurch auch sehr interessant und liebenswert. Doch einer/eine spielt falsch. Wer trachtet den Obdachlosen nach dem Leben und warum?

 

Die Autorin schafft es, einen perfekten Spannungsbogen aufzubauen, obwohl am Anfang noch gar nicht viel passiert. Doch allein die geniale Beschreibung der Atmosphäre lässt einen schaudern. Michaelis drückt sich so poetisch und dabei so vage aus, dass die eigene Fantasie mit dem Leser einfach durchgehen muss. Vieles wird angedeutet, nichts ist sicher. Ständig muss man seine Meinung revidieren. Jeder wirkt verdächtig, man weiß wirklich bald nicht mehr, wem man trauen kann und wem nicht. Spannend bis zum Schluss, einfach toll!

 

Der Schreibstil ist erstklassig. Ein poetischer Thriller, das widerspricht sich? – Auf keinen Fall! Antonia Michaelis komponiert Wörter zu Sätzen, die einem auf der Zunge zergehen, die man zwei- oder dreimal liest, einfach um sie zu genießen. Sie erfindet neue Wörter, die absolut ins Schwarze treffen. So wird das Lesen zu einem vergnüglichen Schrecken.

 

Fazit:

Mich hat dieses Buch von der ersten bis zur letzten Seite einfach nur begeistert, gerade auch, weil die Figuren mit ihrem teilweise absurd anmutenden Verhalten aus dem Rahmen fallen! Außerdem lässt die Autorin dem Leser viel Spielraum, sich seine eigenen Gedanken zu machen.