Rezension

Ein grausamer, erschreckender Endzeitroman

Die fünfte Welle - Rick Yancey

Die fünfte Welle
von Rick Yancey

Bewertet mit 4.5 Sternen

Inhalt:

Die erste Welle brachte Dunkelheit. Die zweite Zerstörung. Die dritte ein tödliches Virus. nach der vierten Welle gibt es nur noch eine Regel fürs Überleben: Traue niemandem! Das hat auch Cassie lernen müssen, denn seit der Ankunft der Anderen hat sie fast alles verloren: Ihre Freunde und ihre Familie sind tot, ihren kleinen Bruder haben sie mitgenommen. Das Wenige, was sie noch besitzt, passt in einen Rucksack. Und dann begegnet sie Evan Walker. Er rettet sie, nachdem sie auf der Flucht vor den Anderen angeschossen wurde. Eigentlich weiß sie, dass sie ihm nicht vertrauen sollte. Doch sie geht das Risiko ein und findet schon bald heraus, welche Grausamkeit die fünfte Welle für sie bereithält ...

VIELEN DANK AN DEN GOLDMANN VERLAG FÜR DIESES REZENSIONSEXEMPLAR

Vorwort:

Ehrlich gesagt ist mir dieses Buch nie besonders aufgefallen. Ich meinte, ich hatte keinen Plan, worum es in diesem Buch ging und auch das Cover blieb mir nicht im Gedächtnis. Doch dann, kurz nach seinem Erscheinen, explodierten hier ja die Leserstimmen. Also musste ich es unbedingt lesen. Vielen Dank an die Verlagsgruppe, die das möglich gemacht hat.

Cover:

Das Cover ist eine falsche Schlange. Ich finde, es sieht irgendwie schon ein bisschen nach Außerirdischen Apokalpyse aus. Der goldene Strahl, der auf dem Umschlag schimmert und eine Person, die vorsichtig durch die Wälder streift. Dies alles vermittelt schon mal eine tolle Atmosphäre und macht neugierig. Auch das schwarz ist toll in Szene gesetzt. Aber glaubt mir, erst, wenn ihr das Buch in den Händen haltet, wird das Cover voll und ganz euch verzaubern. Trotzdem, dieses Cover bereitet einen nicht im gringsten auf das vor, was einen Erwartet.
Der Klappentext ist gut gewählt, lässt viel offen und macht neugierig auf da Buch. Aber wie gesagt, was soll einen auf dieses Buch vorbereiten?

Schreibstil:

Ich habe mich erst gefragt, warum mir dieser Schreibstil so bekannt vorkommt. Dieser nüchterne, manchmal humorvolle, aber immer emotionsgeladene und explosive Schreibstil stammt von Rick Yancey, der mich schon mit "Der Monstrumologe" begeistert hat. Und auch in diesem Buch schafft Yancey wieder eine mystische, unheimliche Atmosphäre. Er Schafft es, mit seinem Schreibtalent, die Apokalpyse, diesen schrecklichen Albtraum, in den er uns mitnimmt, so lebendig und schockierend darzustellen, dass man eine Gänsehaut bekommt. Nie habe ich eine Dystopie gelesen, die mich so sehr einfangen konnte und mir solch eine Angst gemacht hat. Und die mich nicht losgelassen hat, denn Yancey Schreibstil sprüht nur so vor Energie und gepaart mit der Spannenden Geschichte schafft man es kaum, sich einmal von der Geschichte Loszureißen.
Auch ist die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erzählt, primär aus der Ich-Perspektive von Cassie, der Protagonistin. Desweiteren erzählen auch ein Soldat namens Ben Parish und ein kleiner Junge namens Sammy die Geschichte. Und obwohl diese Perspektiven ohne Warnung oder Hinweis von Kapitel zu Kapitel wechseln, so weiß man doch nachher immer, von welcher Person man gerade begleitet wird. denn Yancey haucht jeder Personen eine eigene Erzählweise ein und schafft es spielerisch leicht, seinen Schreibstil zu ändern, ohne auch nur ein bisschen Spannung oder Atmosphäre einzubüßen. Ganz großes Leseerlebnis!

Plot:

Dystopien und Endzeitromane sind schon lange nichts neues mehr auf den Markt. Und zu selten findet man etwas, was etwas neues bietet, spannend ist und bei dem man nicht das Ende kennt.
Bei diesem Buch ist es anders. Dieses Buch ist grausam, schrecklich - ein Albtraum! Aber das heißt nicht, dass dieses Buch schlecht ist. Dieses Buch ist sogar alles andere als schlecht, es ist meisterhaft, fast schon episch. Dieses Buch erzählt die Geschichte der Menschheit, bei der Attacke der Anderen - Aliens. An sich ist das nichts neues. Doch dieses Buch ist anders. Dieses Buch ist grausamer, dunkler, realistischer, besser. Dieses Buch gräbt sich tief in deinen Verstand ein und macht dich mehr oder weniger paranoid. Denn dieses Buch ist nicht nach dem Schema F aufgebaut, dieses Buch spielt nach seinen eigenen Regel. Und diese Regeln sind genauso grausam wie briliant und originell.

Noch nie habe ich von einem Endzeitroman so Realitätsnahe und Schrecklich eine Zukunftsversion vor Augen geführt bekommen. Nach diesem Buch scheint es fast so, als wäre allles, was ich vorher in diesem Genre gelesen habe, unrealitisch und...weich. Denn dieses Buch wird den meisten Lesern sehr stark an die Nieren gehen. Denn dieses Buch erzählt von den wahren Grausamkeiten und schreckt vor nichts zurück. Es ist, als hätte man alle meine, deine, unsere Ängste genommen und der Albtraum, der darauß entstande ist, niedergeschrieben. Alles, wovor wir Angst haben, enthält dieses Buch. Denn dieses Buch sucht sich nichts überzogenes und unwirkliches als Zentrum der Angst aus. Es sind die kleinen, alltäglichen Dinge. Kein Licht mehr, eine Seuche, Leichen sehen zu müssen. Haben wir davor nicht irgendwie alle Angst? Sind das nicht Ängste, die wir uns vorstellen und die wir verstehen können?

Das ist es, was diesen Roman so brilliant macht. Seine Realitätsnähe und seine tabulose Brutalität. Hier ist nichts mit verschönigen und schönreden, hier werden Tatsachen und Fakten, die einen Angst machen, dem Leser vor Augen gestellt. Und trotzdem, obwohl dieses Buch wirklich sehr brutal und auch psychische sehr belastend ist, hat es auch andere Seiten. So behandelt dieses Buch auch sehr emotionengeladen und feinfülig Zwischenmenschliche Beziehung, Erwachsen werden, Versprechen und ihre Einhaltung bzw. nicht ein Nicht-Einhaltung sowie das Thema Vertrauen. Denn auch dieses sind Themen, die viele von uns beschäftigen dürften. Yancey behandelt diese in seinem Buch sehr genau, aus verschiedenen Blickwinkel und gibt uns so, in den ganzen Choas aus Brutalität und Grausamkeit, auch noch eine authentische und wichtige Take-Home-Message, die zu keiner Zeit überzogen oder fehl am Platz wirkt.

Auch die Spannung bleibt in diesem Buch durchgängig erhalten, auch wenn manchmal der rote Faden und das Ziel des Plotes etwas verloren gehen. Trotzdem ist das Buch ein großes Verwirrspiel, man selbst fühlt sich wie Cassie, weiß nie, wem man trauen soll. Man wird ein bisschen paranoid und hat Angst, das dieser und jener Charakter auf der nächsten Seite umgebracht wird, oder dass dieses oder jenes passiert. Man hat keine Ahnung, was als nächstes passiert, aber alleine die Vorahnung lassen einen schon eine Gänsehaut haben.

Personen:

Auch Yancey Personen brillieren genau wie der Plot in ihrer Vielschichtigkeit und Originalität. Allen voran Cassie, die mir von anfang an sympathisch war. Cassie ist in jeder Hinsicht überzeugend und authentisch. Ein Mädchen, das keine perfekte Heldin ist. Cassie ist weder eine Kampfmaschine noch ein verlorenes Hündchen. Cassie ist wie deine und meine Freundin, das Mädchen von nebenan, das eben noch ein Kind war. Und das merkt man, denn die Art, wie Cassie ihre Geschichte erzählt, macht sich unglaublich überzeugend. Mit Ironie und Vielsprachwitz und Selbstironie schildert uns Cassie den Weltuntergang, was aber nicht annährend so witzig ist wie es klingt. Im Gegenteil, Cassies Erzählweise machen das ganze nur umso grausamer und realistisch, eben, weil sie so realistisch ist.

Auch die anderen Charaktere in Yanceys Geschichte fehlt es nicht an Tiefe oder Sympathie, geschweige denn an Authenzität. Es ist erschreckend, wie gut der Autor seine Personen in der Geschehen einfügen kann, nahtlos und überzeugend. Und trotzdem gibt er jeden seiner Charaktere eine Persönlich Note, sodass man sie alle nacheinander ins Herz schließt. Egal ob Skurill, Niedlich, Brutal, Sympathisch und Unheimlich - Die Vielfalt an Charakteren ist gewaltig und das was Yancey ihnen von Zeit zu Zeit antut, ist mehr als unmenschlich. Gerade deswegen wachsen einem alle Charakter ans Herz, was manchmal sehr schlecht sein kann, da Yancey nicht davor scheut, seine Personen ins Jenseits zu schicken.

Insgesamt vielschichtige und originelle Personen, welche den genialen und grausamen Plot noch voll und ganz abrunden.

Fazit:

Dieses Buch wird den Leser wie eine Welle überollen - eine sehr passende Metapher! Denn egal, wie ich es zu sagen versuche, ich bekomme es nicht hin. Die Brutalität, Grausamkeit und Realitätsnähe dieses Buches zu beschreiben, die dunkle, unheimlich, aber sehr dichte Atmosphäre zu erläutern - all das ist mehr als schwierig. Auch eine Leseempfehlung zu geben fällt mir schwer.

Ich denke, jeder, der starke Nerven besitzt oder Bücher nicht zu nahe an sich heran lässt, sollte sich dieses Buch nicht entgehen lassen. Denn dieser Endzeit-Roman ist brilliant und  steht für mich momentan an der Spitze der Apokalypse-Romane. Ich habe nie etwas vergleichbares gelesen und hoffe, das es noch viele Bücher geben wird, die sich von diesem hier eine Scheibe abschneiden. Denn wer so realitisch, unheimlich und spannend Geschichten erzählt, so vielschichtige und liebenswerte Personen erschafft und dabei vollkommen authentisch bleibt und eine Botschaft damit vermittelt, der verdient es wahrlich, Schriftsteller genannt zu werden.

Ein Meisterwerk von einem Buch!