Rezension

Ein großartiger Roman aus Japan.

Die Ladenhüterin - Sayaka Murata

Die Ladenhüterin
von Sayaka Murata

Bewertet mit 5 Sternen

Folgenden Satz aus dem Klappentext kann ich auf jeden Fall unterschreiben: „Mit leichter Feder und einem untrüglichen Gespür für die absurden Gesetzmäßigkeiten unseres Alltags zeichnet Sayaka Murata eine scharfsinnige Satire auf unser heutiges Leben.“ Diese distanzierte, fast trockene Feinhumorigkeit hat mich auch sehr beeindruckt.

Diesen Roman der japanischen Schriftstellerin Sayaka Murata habe ich sehr gern gelesen und empfehle diesen auch gern weiter.

Klappentext beschreibt den Inhalt sehr gut.

Ich war sofort in der Geschichte drin und konnte mit Keiko in Japan der Gegenwart eintauchen. Keiko ist eine tüchtige Frau, die gern und auch recht viel arbeitet, immer pünktlich ist, großen Wert darauflegt, ihre Aufgaben perfekt zu erledigen, just so, wie es von ihr erwartet wird und ihr Leben auch nach dem ausrichtet, wie die Chefs des Ladens es sich wünschen. Man wird ja auch dafür bezahlt, dass man frisch und munter zur Arbeit erscheint. Sie hört und spürt den Laden. Sie verschmilzt schon fast mit ihm. Da denkt man, prima, sie hat ihre Berufung gefunden. Aber! Sie gilt in dieser Gesellschaft, unter ihren Bekannten und Verwandten, als Außenseiterin, als etwas Abnormales, denn sie arbeitet „nur“ als Aushilfe. Sie soll aber, so die Konventionen, entweder voll arbeiten oder heiraten und ein Kind oder zwei bekommen. Erst dann gilt ihre Pflicht an die Gesellschaft erfüllt, was ihr auch oft genug vermittelt wird. Dass sie von dieser erwarteten Norm abweicht, gilt es zu vertuschen, was ihre angepasste Schwester übernimmt, denn sie gibt vor, wie Keiko argumentieren soll, damit alle anderen Normalos sie auch halbwegs verstehen und akzeptieren können.

Spannend wird es, als Keiko Shiraha trifft. Er ist auch ein Außenseiter, aber von einer ganz anderen Art. Er ist ein Rebell. Er will sich gar nicht an diese Gesellschaftsnormen anpassen. Er verachtet sie. Sie sind ihm zu primitiv und archaisch. Keiko dagegen will sich weiter dahingehend anpassen, dass sie einen Mann bei sich wohnen hat, den sie evtl. auch heiratet, sie will also einen weiteren Schritt in Richtung der geforderten Normalität wagen.

Die beiden liefern sich solch aufschlussreichen Dialoge, dass ich sage, jeder soll diese bitte selbst lesen und sich eigene Überlegungen anstellen, worum es eigentlich in diesem Roman geht. Vllt um die persönliche Freiheit im heutigen Leben? Vllt um die schiere Unmöglichkeit, diese zu haben, denn die eigene Freiheit endet dort, wo die Unfreiheit des anderen beginnt? Was ist eigentlich ein erfülltes Leben? Was ist ein richtiges Leben? usw.

Der Roman ist auch deshalb großartig, weil er mit ganz knappen Mitteln auskommt. Mit sparsamen, aber sehr gekonnten Darstellungen der Tatsachen gibt Sayaka Murata so viel Stoff, so viel Raum zum Nachdenken über eine atemberaubende Vielfalt an Themen des heutigen Lebens! Das ist eine große Kunst.

Folgenden Satz aus dem Klappentext kann ich auf jeden Fall unterschreiben: „Mit leichter Feder und einem untrüglichen Gespür für die absurden Gesetzmäßigkeiten unseres Alltags zeichnet Sayaka Murata eine scharfsinnige Satire auf unser heutiges Leben.“ Diese distanzierte, fast trockene Feinhumorigkeit hat mich auch sehr beeindruckt.

Fazit: Ein großartiger Roman. Ein must read. Erstaunlich, dass nur 145 Seiten so viel schaffen können. Nach einer Pause lese ich „Die Ladenhüterin“ bestimmt nochmals.