Rezension

Ein großes Buch - für mich "too much"

Mitten im kalten Winter - Arvid Heubner

Mitten im kalten Winter
von Arvid Heubner

Ein Netz aus Intrigen, Macht und Korruption

Auf der Suche nach spannender Lektüre stieß ich auf Arvid Heubner´s Erstlingswerk "Mitten im kalten Winter: Ein Fall für Tinus Geving".
Die Tatsachen Erstlingswerk, der Name "Tinus Geving" und die Buchbeschreibung waren ausschlaggebend, das Buch zu lesen.

Meine persönliche Meinung:
Wir haben es hier mit einem richtig dicken "Wälzer" zu tun, der es ziemlich in sich hat. So möchte ich Arvid Heubner´s Debut als vollständig und brilliant durchdachtes, in sich logisch aufgebautes und auf mehreren Säulen basierendes Buch beschreiben.

Hier gibt es nicht nur die kriminalistische Seite, die uns vordergrundig den Mordfall durchleuchten lässt, sondern auch einen tiefgehenden Blick in politische Machenschaften, bei dem einen ganz schlecht werden lässt. Es werden Einflüsse auf schlimmste Art und Weise missbraucht, viele Menschen leiden oder müssen sogar ihr Leben lassen. Dass es von dem einen Strang zum anderen Verbindungen gibt, bleibt vor Tinus Geving, unserem Hauptprotagonisten nicht lang verborgen.

Nehmen wir ihn doch gleich mal unter die Lupe. Ich habe ihn wirklich von Anfang an ins Herz geschlossen. Kommt er uns erst durch etwas sehr in sich gebrochen, seiner Arbeit gegenüber jedoch stets sehr gewissenhaft und pflichtbewusst, zudem ein wirklich helles Köpfchen, vor, hat er in meinen Augen auch noch Charme, Witze und eine solch ehrliche Art an sich, der ich mein Vertrauen schenken würde. Die Vergangenheit ruht bei ihm noch nicht, doch er sieht hin, sieht nicht weg, und macht sich dabei nicht angreifbar - er ist eine sehr starke Person. Tinus Vergangenheit jedoch bietet uns einen weiteren Strang in diesem Buch, sowohl mit Flashbacks, Träumen, als auch einem aufklärenden separaten Kapitel.
Auch sehr humorvoll und jeder mit einer besonderen Charaktere gezeichnet sind Tinus neue Kollegen, die mit ihm am Mordfall arbeiten. Witzige Dialoge oder Eigenarten haben mir öfters das Grau des Falles versüßt.
Auf der politischen Seite gibt es eine Protagonistin, die richtig herrschsüchtig und macht"geil" (bitte um Verzeihung) skizziert wurde, was großartig gelungen ist. Diese Frau kann man in diesem Buch einfach nur hassen!
Wo ich Schwierigkeiten mit dem Auseinanderhalten hatte, war bei den zahlreichen Politikern, hier habe ich es leider irgendwann nicht mehr verstanden, wer was ist.

Geschickt auf falsche und vielleicht auch gut kombinierte Fährten gelockt wird der Leser auch durch Handynachrichten, die wie in einem Chat (whatsapp) dargestellt werden. Teilweise sind diese ohne Namen abgebildet, und ich habe leider auch jetzt am Ende noch nicht alle Dialoge ihren Schreibern zuordnen können.

Das Finale hat einiges aufgeklärt, sich für mich jedoch sehr gezogen. Im Ganzen aber sind wir mit diesem Ende nicht "fertig", denn Tinus wird weiterermitteln, so viel sei gesagt ;-)

Arvid hat - ganz zum Cover passend - auch Zusammenhänge zu den sieben Todsünden hergestellt und diese erklärend ins Buch eingebaut. Noch ein Strang, der das Buch ausholender erklärt, lenkt und besonders macht.
Der Schreibstil ist flüssig, teilweise auch in lässiger Umgangssprache (mündlicher Rede), was mir die Protagonisten näher brachte. Arvid beweist mit diesem Buch unglaubliche Recherche und Arbeit, es ist ein unglaublich komplexes Werk, für das ich ihm meinen Respekt zolle.
An vielen Stellen jedoch kam ich als Leserin nicht so weiter, wie ich es mir gewünscht hätte, zB sehr viele Fremdwörter, Abkürzungen aus der Polizei- oder Politikwelt, ... Für mich war das Buch "zu groß", was jedoch nichts an der schriftstellerischen Leistung Arvid Heubner´s ändert.