Rezension

Ein guter Krimi mit aktuellem Bezug. Leicht humorige Note. Urlaubsfeeling garantiert.

Gefährliche Ernte - Yann Sola

Gefährliche Ernte
von Yann Sola

Bewertet mit 4 Sternen

Klappentext fasst die Ausgangssituation prima zusammen: „Eine Hochzeit, ein Geheimnis und ein Todesfall – Hobbyermittler Perez steckt in Schwierigkeiten
An den Berghängen der malerischen Côte Vermeille, am südwestlichsten Zipfel Frankreichs, reifen die Weintrauben unter der glühend heißen Augustsonne heran. Es sind Sommerferien, die schlimmste Zeit des Jahres, wenn es nach Delikatessenschmuggler und Lebemann Perez geht. Die Touristen haben sich in Banyuls-sur-Mer breitgemacht, er hängt mit seinen Lieferungen hinterher und dann will seine heißgeliebte Tochter auch noch einen Mann heiraten, den man gemeinhin nur »die Bohnenstange« nennt. Als ein Toter in den Weinbergen seines Vaters gefunden wird, ist es endgültig vorbei mit der Ruhe. Die Ermittler schnüffeln auf dem Weingut und in Perez’ Angelegenheiten herum. Ausgerechnet der sagenumwobene Creus, ein Wein, der das Rückgrat seines bescheidenen Wohlstands bildet, soll etwas mit dem Tod des Mannes zu tun haben. Hobbyermittler Perez sieht sich gezwungen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, und muss bald erkennen, dass das beschauliche Küstenörtchen die Kulisse finsterer Machenschaften und familiärer Tragödien ist, die weit in die große Politik hineinreichen.“

Meine Meinung:

„Gefährliche Ernte“ ist ein guter Regio-Krimi mit ruhiger Spannung, mit dem man ein verregnetes Wochenende wunderbar überbrücken kann. Anfangs ist es eher ein Genusskrimi mit all den dazugehörigen Zutaten: atmosphärischen Naturbeschreibungen, gutem französischen Essen, das Haziem, Perez‘ Koch, für ihn und seine Freunde kredenzt, dem Creus, den sagenumwobenen Wein, den Perez für 222 Euro die Flasche nur an besonders würdige Empfänger verkauft, etc. Dazu kommen familiäre Verwicklungen: die Offenbarung von Perez‘ Tochter, dass sie einen jungen Mann heiraten will, der nach Meinung ihrer Eltern keine gute Partie für sie ist. Die leicht humorig-ironische Note, die bei dem Strang mitschwingt, tut dem Ganzen sehr gut.

Perez ist ein sympathischer Kerl an die sechzig, ein echter Banylenc, dem das Wohlergehen der Menschen in seinem Heimatort sehr wichtig ist. Auch deshalb ermittelt er auf die eigene Faust. Auf diesem Wege kann er dem einen oder anderen Schäfchen wieder auf den rechten Weg verhelfen, oft jedoch nicht ohne Eigennutz.

Themen wie Liebe, Freundschaft, Familie, Familienzusammenhalt, Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe spielen eine große Rolle. Das Verhalten der Einheimischen im Alltag wird geschildert und es mit dem der Zugezogenen verglichen. Bis zur Hälfte des Romans ist Urlaubsfeeling garantiert.

In der zweiten Hälfte wird das Thema Flüchtlinge ganz gut präsent. Hier kommt Gesellschaftkritik gut durch. Perez spricht mit den Ankömmlingen, die bei Banylus-sur-Meer untergebracht wurden. Die Schilderung der unmenschlichen Bedingungen, in denen diese Menschen dort hausen, und die Rolle der lokalen Politik lassen keine Zweifel daran, dass Perez diese Umstände gar nicht gutheißt. Er findet dazu auch sehr klare Worte. Das Geschäftsmodel, das hinter dem Menschenhandel steckt, ist ebenfalls sehr deutlich vor Augen der Leser geführt worden. Perez und seine Freundin Marianne denken über die Situation nach: „Die Gesellschaft rückt nach rechts. Je schlechter die wirtschaftliche Lage, desto weniger Bereitschaft, sich gesittet zu verhalten. Und zusätzlich gilt heute: Muslim gleich Terrorist. Muslim gleich Problem. Schwere Zeiten gebären gefährlich simple Lösungsansätze.“ S. 237.

Im letzten Drittel wird es ernst. Perez‘ Ermittlungen führen ins Drogen- und Menschenhandel Milieu. Und es wird immer klarer, was FN (Front National) mit all dem zu tun hat. Insg. kommt die Partei von Marine Le Pen in dem Roman nicht besonders gut weg.

Begrüßenswert fand ich, dass die Ergebnisse der Recherchen Perez dazu bringen, das eigene Verhalten gegenüber der Tochter und ihrem Verlobten zu überdenken. Situationskomik, Perez ironisch-abgeklärte Darlegung des Geschehens lockern hier und dort das Geschehen auf.

Weniger gut dagegen kam bei mir an, was zum Schluss mit einem jungen Nordafrikaner passiert, v.a. wie Perez dies zur Sprache bringt. Da hat er einige Sympathiepunkte eingebüßt.

Fazit: „Gefährliche Ernte“ ist ein gut komponierter Regio-Krimi, den man in einem Rutsch auslesen kann, mit allem, was dazu gehört, Bezug zu den aktuellen Themen inklusive. Die Sprache fand ich angenehm einfach, die Geschichte las sich flüssig und leicht. Ein würdiger Nachfolger des ersten Falls mit Perez „Tödlicher Tramontane“. Ich bin auf Fall 3 gespannt und vergebe gute vier Sterne und eine Leseempfehlung für die Fans der Südfrankreich-Krimis.