Rezension

Ein Hauch von magischem Realismus und Charaktere, die in Erinnerung bleiben

Was man von hier aus sehen kann - Mariana Leky

Was man von hier aus sehen kann
von Mariana Leky

Bewertet mit 4 Sternen

„Keiner ist alleine, solange er noch wir sagen kann.“

 

In einem kleinen Dorf im Westerwald, wo jeder jeden kennt, ist besondere Vorsicht geboten, wenn Selma, die Großmutter der Ich-Erzählerin Luise, von einem Okapi träumt. Denn dann wird innerhalb von 24 Stunden jemand im Ort sterben. Daher fühlen sich die Dorfbewohner dazu berufen, verdrängte Dinge ans Licht zu bringen oder ins Reine mit ihren Lieben zu kommen.

 

Die einzigartigen Charaktere der Geschichte nahmen mich sofort gefangen – angefangen von Luise, deren wichtigste Bezugsperson ihre Oma Selma ist, über Luises Kinderfreund Martin, der gerne alles und jeden hochhebt (bevorzugt Luise), um Gewichte stemmen zu üben, bis hin zum Apotheker, der jahrzehntelang heimlich in Selma verliebt ist, aber seine Liebe nicht gestehen kann.

 

Die Handlung ist ein wenig wie das wirkliche Leben – vieles plätschert so dahin, ist aber durchaus nicht belanglos. Einige Szenen haben mir Unbehagen bereitet, z.B. wie ein junger Vogel erst nach mehreren Versuchen erschlagen wird oder wenn Hunde mit Schuhen beworfen werden. Zum Glück stehen diese Dinge aber im Vordergrund.

 

Der Leser folgt Luise von der Kindheit als 10-Jährige ins Erwachsenenalter, erlebt mir ihr die Liebe zu Frederik, einem buddhistischen Mönch, der den Westerwald besucht, aber eigentlich in Japan lebt, starrt gebannt in den Himmel, um die totale Sonnenfinsternis zu bestaunen und wechselt mit der ganzen Dorfgemeinschaft ins 21. Jahrhundert.

 

Die vielschichtigen Beziehungen der Charaktere stehen dabei im Vordergrund. Das Buch spiegelt die Höhen und Tiefen des Lebens wider, ohne dabei kitschig zu werden. Fazit: Wer einen Roman mit einem Hauch von magischem Realismus in Kombination mit Charakteren, die in Erinnerung bleiben, schätzt, ist bei Was man von hier aus sehen kann gut aufgehoben.

 

Die Hörspielfassung des Buches ist ungekürzt und bereitet kurzweilige Unterhaltung von 8 Stunden und 3 Minuten. Nicht allzu gut gefällt mir die Lesestimme von Sandra Hüller, die oftmals zu monoton und salbungsvoll in meinen Ohren klingt. Etwas mehr Kraft in der Intonation hätte der Geschichte noch mehr Tiefgang verliehen.