Rezension

Ein kleiner Roman über Trost, Liebe & Frieden - kompakte Sprache, große Wirkung

Ein Winter in Venedig - Claudie Gallay

Ein Winter in Venedig
von Claudie Gallay

Bewertet mit 4 Sternen

Die etwa 40jährige, französische Erzählerin wurde von ihrem Freund verlassen und ist am Boden zerstört. Sie flüchtet in die winterliche Anonymität von Venedig. Hier gibt es wenig Menschen zu dieser Jahreszeit, einzig mit den wenigen Bewohnern der Pension, in der sie eine Weile wohnt, und mit einem alt eingesessenen Buchhändler nimmt die Erzählerin zaghaft Kontakt auf. Unter den Bewohnern ist ein alter, russischer "Fürst" im Rollstuhl, der an den Abenden beim Essen mit der Erzählerin ins Gespräch kommt und aus seiner Vergangenheit berichtet. Aber auch ein junges Liebespaar weilt dort sowie der Pensionsinhaber Luigi, der sich rührend um seine wenigen Gäste und seine 18 Katzen kümmert, nicht zuletzt, weil seine Familie ihn nicht mehr besuchen will... Die Erzählerin beginnt, ihren (Liebes-)Kummer zu bewältigen, indem sie sich einer anderen Art von Liebe gegenübersieht und das Gefühl vermittelt bekommt, ein wichtiger und besonderer Mensch zu sein...

Claudie Gallay besticht und verführt mich erneut mit ihrem sehr nüchternen, aber ungemein mitziehenden und bildhaften Schreibstil. Ihre Protagonistin spaziert tagelang durch die Irrgärten des winterlichen Venedigs. Sie hat unendlich viel Zeit. Von Tag zu Tag werden die Gespräche mit den anderen Bewohnern intensiver, interessanter. Die Begegnungen mit dem Buchhändler häufen sich. Gallays Beschreibungen des winterlichen Venedigs sind dabei sehr kompakt - mit wenigen Worten versteht die Autorin ein genaues Bild zu kreieren. Oft gibt es Einwortsätze, manchmal läßt sie sich auch zu Zweiwortsätzen hinreißen ;-) Aber es reicht völlig aus, um eine Stimmung zu erzeugen. Eine recht melancholische Stimmung, die unendliche Ruhe ausstrahlt.  Ebenso funktioniert dies großartig mit der Gedanken- und Gefühlswert der Erzählerin. Eine Aneinanderreihung von Gedanken reicht aus und ich als Leser weiß genau, was in dieser Frau vor sich geht. Ein nüchterner Schreibstil. Durchaus. Aber mir gefällt er. Und auch durch die oftmals kurzen Kapitel entsteht nach und nach ein Sog, der mich irgendwann nicht mehr losgelassen hat.

Fazit: Ohne viel schmückendes Beiwerk, aber mit großer Ausdruckskraft in wenigen Worten erzählt Claudie Gallay die Geschichte einer Mitvierzigerin, die in Venedig Ruhe und Trost sucht, dort besonderen Menschen begegnet und mehr und mehr einen inneren Frieden findet. Sehr schön ruhig und melancholisch. Aber auch fesselnd. Vielleicht ist diese Nüchternheit nicht jedermanns Geschmack, aber ich mag es!!! :-)

Kommentare

kommentierte am 08. November 2016 um 10:45

Tolle Rezension, liebe Bianca!!! Das Buch klingt durchaus interessant!!!

Naibenak kommentierte am 08. November 2016 um 10:51

Huch... ich glaube, sooo schnell hat bisher noch nie jemand meine Rezis kommentiert *lach*. Liebsten Dank!!!! :-)