ein kleines Buch mit viel Inhalt
Bewertet mit 4 Sternen
Heutzutage hat man Ambitionen und Ehrgeiz. Das gehört zum guten Ton. Das wird erwartet. Das macht man so. In der Schule zählt hauptsächlich die mündliche Leistung, weil der, der redet was zu sagen hat. Engagement ist gefragt, sonst wird man nichts in der Welt.
Mit diesem Buch überdenkt Jens Steiner angesagte Lebensmodelle.
Philipp ist anders, er lebt in seiner eigenen Welt, hat eigene Interessen, aber keine großen Ziele. Die Gutmeiner Weisheiten seines Vaters nimmt er zur Kenntnis, aber so ein Leben interessiert ihn nicht, selbst wenn er keine handfeste alternative Lebensplanung parat hat. Wenn ihm alles zu viel wird, putzt er akribisch seine WG, was seine Mitbewohner befremdlich finden.
Als Philipp neben dem Recyclinghof Silberpapierchen aufsammelt, sieht Uwe, der Leiter der Sammelstelle, Großes in ihm. Da ist endlich ein Mann mit dem Blick fürs Wesentliche, einer, der in seine Fußstapfen treten könnte, ein Hoffnungsträger.
Während man Philipps kuriose Karriere auf dem Recyclinghof verfolgt, blickt man immer wieder zurück in seine Vergangenheit.
Wirklich eindrucksvoll ist der Erzählstil, originell, leise aber sehr plastisch. Jens Steiner beobachtet genau, sieht die Poesie des Alltäglichen und kann mit scheinbar banalen Details Atmosphäre schaffen und Gefühle transportieren. Das ist ungewohnt, feinsinnig komisch und macht großen Spaß.
In dieser offensichtlich kuriosen Geschichte, mit skurrilen Figuren aller Art, steckt jede Menge Nachdenkliches zwischen den Zeilen. Fast alles ist hier eindeutig zweideutig und bietet neben ungewöhnlichen philosophischen Betrachtung zum Thema Wegwerfgesellschaft auch eine ganz neue Sicht auf Randgruppen, Aussteiger, Lebenskünstler, Unangepasste. Muss man sie machen, die große Karriere oder kann man vielleicht auch anders glücklich werden?
„Mein Leben als Hoffnungsträger“ ist ein kleines Buch mit viel Inhalt und höchst origineller Sprache. Ich habe es gerne gelesen.