Rezension

Ein kleines Juwel unter den Debütromanen

Der Club
von Takis Würger

Bewertet mit 5 Sternen

Das Privileg der Schmetterlinge

„An diesem Morgen gab ich mir ein Versprechen, es schien mir wichtig, und eigentlich war es einfach: Ich werde nie wieder lügen.“

Inhalt

Nach dem Tod seiner Eltern wechselt Hans auf die Universität in Cambridge und folgt damit einer Einladung seiner einzig verbleibenden Angehörigen, seiner Tante Alexandra. Ihr Verhältnis ist zwar leicht unterkühlt, doch die Ausbildung in altehrwürdigen Mauern erscheint dem jungen Mann durchaus reizvoll. Hinzu kommt die Möglichkeit den Boxclub der Schule aufzusuchen, sofern Hans zu dieser eingeschworenen Gemeinschaft Zutritt bekommt. Tante Alex gelingt es, mit Hilfe ihrer Studentin Charlotte, deren Vater ein alteingesessenes Mitglied ist, ihren Neffen in den legendären „Pitt Club“ unterzubringen. Schon bald erweist sich Hans als sehr guter Boxer und ebenbürdiges Mitglied der Gemeinschaft, findet Gleichgesinnte und feiert mondäne Partys. Doch bei all diesen gesellschaftlichen Verführungen vergisst er nicht, was sein eigentlicher Auftrag ist: Er soll ein Verbrechen aufdecken, welches schon einige Zeit zurückliegt und den Schuldigen wird er in den Reihen seiner neuen Freunde finden …

Meinung

Der 1985 geborene Autor Takis Würger ist selbst Boxer und Mitglied diverser Clubs an der Universität Cambridge, wie das Nachwort des Buches verrät. Und tatsächlich merkt man dem Roman eine gewisse Innerlichkeit und Kenntnis der örtlichen Rahmenbedingungen an. Gerade die Atmosphäre in den Clubs, die hippen Dinnerpartys, die vielen Drinks und die von Rauchschwaden geschwängerte Luft, Frauen die sich erfolgreichen Männern an den Hals werfen und Hinweise auf Intrigen und Absprachen die möglicherweise knapp an der Legalität vorbeischrammen, findet der Leser hier eindrucksvoll in Wort und Tat umgesetzt. Gerade dieser Aspekt konnte mich von dem Roman überzeugen, der sich auch gründlich und interessant mit der Boxermentalität, mit Begriffen wie Ehre, Freundschaft und Rückhalt beschäftigt. Insgesamt ein richtig gutes, rundes Buch, welches nicht nur eine Geschichte erzählt, sondern auch Kopfkino bietet.

Erzählt wird aus diversen Perspektiven, die gerade für den Leser einen Wissensvorsprung darstellen und ein sehr umfassendes Porträt liefern, welches durch die Erlebnisse der einzelnen Charaktere beschrieben wird. Opfer und Täter treffen sich auf der Bühne des Pitt Clubs oder an dessen verborgenen Hintertüren. Man spürt Wut, ebenso wie Rachgelüste, wie Gönnerhaftigkeit und Unschuldsbekundungen – Gewalt gibt es kaum und wenn, dann nur sehr endgültig und als scheinbar logische Folge eines geplanten Vorgangs.

Außerdem ist es dem Autor gelungen einen Roman zu schreiben, der kein klassischer Krimi ist und doch viele Parallelen aufweist. Gekonnt entsteht eine subtile Spannung hinter der man diverse Verbrechen vermutet, die man so genau gar nicht festmachen kann. Die Männer in sündhaft teuren Smokings verbergen mehr, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Und unter ihnen ein unbescholtener Hauptprotagonist, der ganz im Gegensatz zu anderen ehrenhafte Absichten hegt und nur im Sinne seines eigenen Gewissens handelt. Dadurch wird die Figur von Hans Stichler noch greifbarer und seine Position als Spion schwelt unter der Oberfläche. Werden die anderen entdecken, was er zu verbergen versucht?

Fazit

Ich vergebe 5 Lesesterne für diesen facettenreichen, anschaulichen Roman über einen Boxer und seine Rolle in einem Spiel, bei dem es um Gerechtigkeit, Aufklärung und Wiedergutmachung geht. Diese Lektüre präsentiert eine dichte Story auf relativ engem Raum und wirkt wunderbar ausgleichend, so dass man sich als Leser freuen kann, dem Schauspiel beizuwohnen und eigene Rückschlüsse auf menschliche Verhaltensweisen und unentschuldbare Fehler zu ziehen. Ein richtig kleines Juwel.