Rezension

Ein Kleinod ganz ohne Kitsch

Regeln für einen Ritter - Ethan Hawke

Regeln für einen Ritter
von Ethan Hawke

Bewertet mit 5 Sternen

Der Ritter Sir Thomas Lemuel Hawke steht kurz vor einer Schlacht im Jahr 1483 in Cornwall. Die Angst, diese nicht zu Überleben, lässt ihn nicht schlafen und so schreibt er einen Brief an seine vier Kinder, in dem er ihnen die Werte eines Ritters und guten Menschen vermitteln möchte. Seine eigenen Lebenserfahrungen und die Erkenntnisse daraus bilden dabei die Grundlage für diesen kleine Leitfaden.

Leseeindruck

Ein grüner Leinenumschlag, goldene Schrift, ein kleines ansprechendes Format und ein gelbes Lesebändchen, dazu zahlreiche feine Illustrationen machen dieses Buch nicht nur optisch zu einem wahren Schmuckstück im Bücherregal. Der Titel "Regeln für einen Ritter" und der Autor Ethan Hawke weckten zusätzlich mein Interesse. Ist das nicht dieser Schauspieler? Er schreibt? Und dann auch noch ein Buch über Ritter? Ich las die Inhaltsbeschreibung und war überzeugt davon, eine besondere Geschichte erleben zu dürfen und wurde letztlich auch nicht enttäuscht.

Hawke beschreibt in seinen Anmerkungen welche Umstände ihn zu der Umsetzung dieses Werkes führten und lässt dann seinen vermeintlichen Vorfahr Sir Thomas seine Geschichte selbst erzählen. Wie schon beschrieben ist das Büchlein eine Art Regelwerk - 20 Regeln für einen Ritter, die jeweils von einer persönlichen Episode aus Sir Thomas´ Leben begleitet werden. In dem dieser seinen eigenen Lebensweg umreißt, hofft er seinen Kindern die richtigen Werte für ein aufrechtes Leben vermitteln zu können. Ob ihm dies gelingt muss der Leser natürlich selbst beurteilen. Ich für meinen Teil konnte viele alte und neue Wahrheiten entdecken, fand Denkanstöße und Anregungen. Der Autor erfindet das Rad natürlich nicht neu - viele der enthaltenen Weisheiten waren mir bekannt aber die Art und Weise wie sie mir hier nähergebracht wurden, gefiel mir außerordentlich gut.

Interessant ist, dass der Protagonist (unser Briefschreiber) einerseits viel von sich preisgibt, andererseits aber irgendwie auch unnahbar für mich blieb. Als Leser bin ich hier jemand, der einen Brief eines Fremden liest. Das, was ich von diesem Menschen erfahre ist sehr intim aber eigentlich nicht für mich bestimmt, sondern für seine Kinder. Das macht mich zu einem Zaungast, es ist als würde man das Tagebuch eines anderen Menschen lesen. Und doch fühlte ich mich zu jeder Zeit angesprochen - Es mag seltsam klingen aber das entbehrt nicht einer gewissen Faszination.

Dass die Regeln, gerahmt von kleinen Geschichten, die eine Lehre vermitteln und damit Fabeln gleichkommen, ein wenig verklärt anmuten, störte mich nicht im Geringsten. Ein Vater, der dem Tod ins Auge sieht und nur diese Worte an seine Kinder hat, um seiner eigenen Angst entgegenzuwirken und ihnen eine Art Vermächtnis hinterlassen möchte, darf einen empfindsamen Ton anschlagen. Doch bitte nicht falsch verstehen: Dieses Buch drückt nicht auf die Tränendrüse, vielmehr rührt es das Herz an - ganz ohne Kitsch.

Der Schreibstil ist passend gewählt, liest sich flüssig, ist eingehend und unterstreicht das Thema. Hawke wählte eine Mischung aus einer zeitgemäßen aber auch kindgerechten Sprache. Dabei hebt er zu keiner Zeit mahnend den moralischen Zeigefinger, bleibt aber dennoch nachdrücklich im Ton.

"Sorgt euch, wenn ihr heranwachst, nicht um das Alter. Eine Rose in voller Blüte ist wunderschön, eben weil sie nie wieder so blühen wird, aber als knospende Rose ist sie nicht minder beeindruckend, ebenso wenig wie die dunklen Blumenblätter des Herbstes. Die Tatsache, dass die Zeit vergeht, macht sie kostbar." (Zitat, Seite 80/81)

Fazit

Das Leben ist zu kurz und kostbar, um blind und gedankenlos hindurchzugehen. Die Lektüre dieses Büchleins erinnerte mich wieder daran. Deshalb gibt es von mir eine klare Leseempfehlung.